Erinnert ihr euch noch an meinen Text zum Einschlafen vom Baby? Ich habe erstaunlich viele Rückmeldungen dazu bekommen, viele von euch haben mir beigestanden und sehr viele schrieben auch oft „Hier auch“. Das hilft vielleicht nicht in der Praxis, aber dennoch: ich bin nicht allein und ich mache nichts falsch. Das wusste ich schon vorher…irgendwie, aber dennoch. Es hilft vielleicht auch anderen, dass sie nicht alleine sind.
Nun habe ich auch in der Krabbelgruppe eine Mama getroffen, die starke Probleme mit dem Einschlafen ihres Babys hatte. Sie berichtete vor einiger Zeit, dass diese Zeiten vorüber sind, denn sie hat sich Hilfe geholt. Hilfe? Sie war bei einem Schlafcoach, der mit ihr und ihrem Mann das Zubettgehen verändert hat. Seit einiger Zeit schläft ihr Sohn wohl nun allein ein. Mhm… kann man Schlafen trainieren? Ich war ja skeptisch, denn ich hatte sofort „Jedes Kind kann schlafen lernen“ im Kopf. Stimmt das? Ich habe mit einem Schlafcoach gesprochen, denn irgendwie ließ mich der Gedanke nicht los.
Schlafcoaching für Babys
Wer bist du und was machst du?
Ich bin Julia Beroleit, ich lebe mit meinem Mann und meinem 6-jährigen Sohn in Berlin und ich bin Schlafcoach für Babys und Kleinkinder und Masseurin (Frauen, Schwangere, Wochenbett, Kindermassagen und Babymassagekurse) mit eigner Praxis unter dem Namen COSY ELEVEN in Berlin-Mitte.
Schlafcoaching, was muss ich mir darunter vorstellen?
Das besondere am Schlafcoaching ist sein genauer und tiefer Blick auf die gesamte Familie bzw. das System und die Beziehungen innerhalb dieser Familie. Es gibt kein Schema F, keine Tipps und Tricks, wie das Kind schnell schlafen lernt. Warum ein Kind wie schläft oder nicht hängt von vielen Faktoren ab: natürlich auch von seinem Charakter des Kindes, aber eben auch, wie zB die Schwangerschaft und die Geburt verlaufen sind, welche Werte in der Familie wichtig sind, welche Erwartungen an das Kind gestellt werden und welche Ressourcen vorhanden sind. Dieses alles erfahren wir von den Eltern im ersten Gespräch, dem Anamnesegespräch. Außerdem schauen wir genau, wie die Familien ihren Tag und die Nacht verleben und lassen uns das genau schildern.
Dann im anschließenden Coachinggespräch lernen Eltern vor allem ganz viel über sich selbst, ihre Beziehung zu sich und zu ihrem Kind, über ihre Ressourcen, über Rhythmen und über das Schlafen, die Schlafbiologie. Und dann geht es darum den ganz persönlichen Weg zu finden und nicht darum, wie man mit Tipps und Tricks dem Kind Schlafen lehrt. Was das beste für das eigene Kind ist, das wissen doch die Eltern am besten, oder? Für jede Familie entwickeln wir eine ganz individuelle Lösung, mit denen sich die Eltern gut fühlen. Nach diesen zwei Terminen haben die Eltern dann erst einmal ihren ganz persönlichen Schlafplan in der Hand.
Beim Schlafcoaching geht es um Liebe, Geduld, Nähe und Bindung – denn das ist natürlich auch hier einer der wichtigsten Aspekte!
Und es ist für alle gut: Wer überzeugter Familienbettschläfer ist – prima. Wer möchte, dass sein Kind in seinem eigenen Bett schläft, auch super. Wer sich nicht sicher ist, was er überhaupt machen soll – toll, dann finden wir es gemeinsam heraus.
Wie wird man Schlafcoach? Gibt es dazu eine Ausbildung, die qualifiziert?
Ich habe eine zertifizierte Ausbildung zum Schlafcoach für Babys und Säuglinge gemacht.
Ab welchem Kindesalter hilfst du Eltern und bis zu welchem Alter geht deine Beratung?
Ich berate Eltern mit Kindern ab einem Alter von 4 Monaten bis zu 3 Jahren.
Die meisten Beratungen habe ich mit Kindern zwischen 6 Monaten und 1,5 Jahren. Wer sich schon in der Schwangerschaft oder im Wochenbett Rat einholen möchte, der kann sich auch sehr gerne melden.
Mein Wunsch wäre, dass viel mehr Eltern Schlafcoaching kennen lernen. Es sollte einfach jeder machen oder sich leisten können, am besten schon innerhalb des ersten Babyjahres. Ich verstehe es als einen Art Schlafschule, in der das Wissen um das Thema SCHLAFEN bei Babys und Kleinkindern weitergegeben wird und so gar nicht erst Stress und Unsicherheit um dieses ganze Thema auftaucht.
Was meinst du, warum gibt es so viele Unterschiede im Schlafverhalten von Babys?
So viele Unterschiede gibt es eigentlich gar nicht. Wenn es Probleme beim Schlafen gibt, brauchen Kinder in den meisten Fällen entweder lange (mehr als 45 Minuten) zum Einschlafen oder sie wachen in der Nacht oft auf (5-15 Mal, wenn sie älter als 3-4 Monate sind) oder sie können nur mit ganz bestimmten aufwändigen Ritualen einschlafen (wenn sie älter als 3-4 Monate sind). Oder alles zusammen.
Und dann finden wir heraus, warum das so ist und entwickeln einen Plan, damit es besser wird.
Haben die Eltern Schuld an schlecht schlafenden Kindern oder ist es auch Veranlagung?
Schuld ist ja erst mal niemand, denn alle Eltern wollen nur das Beste für ihr Kind und machen alles nach bestem Wissen und Gewissen. Aber manchmal machen Eltern eben zu viel für ihr Kind, sie unter- oder überschätzen den Schlafbedarf des Kindes oder haben einfach falsche Erwartungen an Schlafgewohnheiten von Babys. Und das ist auch Teil des Schlafcoachings, diese Glaubenssätze aufzuspüren und gegebenenfalls zu korrigieren.
Von Veranlagung würde ich so erst mal nicht sprechen – natürlich hat jedes Kind seinen eigenen Charakter und den muss man natürlich mit berücksichtigen – aber das ist ja dann nicht nur beim Schlafen so.
Skeptisch gefragt: rätst du Eltern auch, ihr Kind schreien zu lassen bzw. dass es sich allein beruhigen muss?
Ganz klar ist: Das Kind alleine im Bett Schreien zu lassen, bis sie einschlafen ist keine Option – nie! Diese Schlaflernmethode gehört ein für alle Mal verbannt!
Aber: Durch schreien, brüllen, quengeln, weinen machen Babys auf sich aufmerksam, sie sagen: hier stimmt irgendwas nicht, ich fühle mich nicht wohl, mach was! Sie haben ein Bedürfnis nach etwas, das sie (noch) nicht sagen können. Was das ist, das können wir herausfinden. Alleine darf man sie in dieser Phase nicht lassen, denn so lernt es nicht, sich selbst zu beruhigen. Selbstregulation ist allerdings das Stichwort und in der Tat ein sehr wichtiges Thema, auch für das Ein- und Durchschlafen – aber das lernen sie in kleinen Schritten mit und von den Eltern – aber niemals allein und niemals im Stress.
Ich hatte ja bis vor kurzem jeden Abend ein schreiendes Baby im Arm – egal was ich tat. Was sind nach deiner Erfahrung mögliche Ursachen für das abendliche Schreien eines Babys trotz Nähe und Stillen?
Tjaaaaaa, ehrlicherweise das kann ich natürlich gar nicht so pauschal beantworten – dafür müsste ich mehr von euch wissen. Was in jedem Fall aber gilt: Jedes Baby hat am Anfang viel damit zu tun, sich an das Leben außerhalb des Bauchs zu gewöhnen. Es ist harte Arbeit sich an die ganzen Eindrücke des Lebens zu gewöhnen. Deswegen ist es so wichtig, dass Babys regelmäßig Schlaf -auch tagsüber bekommen . Ein unausgeschlafenes Baby kann den ganzen Innen- und Außenreizen sonst noch schwerer begegnen – und das bringt es zum Ausdruck, in dem es zum Beispiel schreit .
Aber auch größere Kinder haben ein bewegtes Leben und guter, tiefer Schlaf ist so wichtig für die Entwicklung, für Körper und Geist – eigentlich egal für welches Alter. Auch für uns Erwachsene bzw. Eltern. Wir müssen auch gut schlafen, trotz dem wir Eltern sind, sonst sind wir auch nicht belastbar und nur noch erschöpft.
Wie lange sollte ich dem Kind Zeit geben, in einen ruhigeren und sicheren Schlaf zu finden?
Wichtig ist, dass die Eltern sich und ihre Bedürfnisse erst nehmen und wenn sie an den Punkt kommen, an dem sie sagen: „Ich kann nicht mehr, ich schlafe schlecht“ oder „Wir Eltern haben keine Minute mehr für uns“, dann ist es gut sich Hilfe zu holen, z.B. bei einem Schlafcoach oder bei anderen Eltern, Hebammen etc. Bei manchen ist das nach 3 Monaten der Fall, bei manchen nach 3 Jahren.
Und wenn das Kind schlecht oder wenig schläft, kann das auch ein Grund sein, sich Hilfe zu holen, denn Schlaf ist super wichtig!
Wir sollten drüber weg kommen, uns schlecht zu fühlen, wenn wir uns (professionellen) Rat einholen. Wir haben dann als Eltern nichts falsch gemacht, sondern eher was richtig!
Sinnvoll ist grundsätzlich, den Tag mit einem Baby gut zu strukturieren und einen Tag-Nacht-Rhythmus zu finden, mit dem alle gut leben können. Regelmäßigkeit und Rituale helfen dem Baby, sich an das Leben zu gewöhnen. Wenn wir den Babys / Kindern genug liebevolle Zuwendung am Tag geben und ihnen helfen, ihre eigenen Gefühle zu verstehen, dann kann es lernen seine Emotionen zu regulieren. Eltern können ihrem Baby ab dem 4./5. Monat dabei helfen, diese Selbstregulation zu lernen.
Wenn das Baby, wie in deinem Falle abends schreit und du bei ihm bist und begleitest und es dann aber schläft und gut durch die Nacht kommt und fit und aktiv am Tag ist, ist es vlt kein Problem. Hör in dich als Mutter rein: Wer hat das Problem? Das Kind oder ich oder mein Mann? Wenn du dabei Hilfe brauchst, dann ruf mich gern an.
Danke liebe Julia. Übrigens schläft babyberlin seit einigen Wochen schon wieder ruhig abends ein – in meinem Arm oder beim Stillen. Allein einschlafen findet sie nach wie vor doof, aber das muss sie auch nicht. Ich genieße die ruhige Zeit, die ich nun am Abend mit ihr habe.
Habt ihr euch schon mal Hilfe geholt, wenn es ums Schlafen eurer Kinder geht?
Liebe Grüße
eure Bella
Hallo Bella. Ich vertraue da voll und ganz auf mein Bauchgefühl. Unser kleiner Mann schläft von Anfang an mit bei mir bzw. jetzt bei uns. Am Anfang bus 1,5 Jahre ist er toll beim Stillen eingeschlafen. Jetzt lesen wir ihm Abends im Ehe/Familienbett was vor und er kuschelt sich dann an mich und legt seinen Kopf auf meinen Bauch/Brust und schläft schnell ein. Er braucht noch viel Nähe nachts. Irgendwann zeigt er uns, wenn er soweit ist allein zuschlafen.
Ich finde es aber super, wenn man sich Hilfe sucht.
Lg Katja