Und dann stehe ich da und mein Kopf macht eine Pause. Keine geplante, keine Schöne. Er setzt aus, um zu verschnaufen. Weil er seit einem Jahr im Dauereinsatz ist. Er plant und rattert und arbeitet.
Was muss ich bis wann tun? Wer muss wann wo sein? Woran muss ich denken?
Er ist permanent im Einsatz und schon lange macht er nicht mal mehr nachts eine Pause. Selbst jetzt, wo ich eigentlich mal durchschnaufen könnte, merke ich, dass einer nicht an Pause denkt: Mein Kopf. Vielleicht aus neuer Gewohnheit und bestimmt auch ein bisschen aus Angst, zu sehr loszulassen. Und so rattert er Gedanken und Pläne durch, selbst wenn ich mit Kaffee entspannt am Frühstückstisch sitze. Man könnte meinen, ich schaue Gedankenverloren aus dem Fenster, aber in Wahrheit habe ich seit letztem Jahr keinen einzigen Gedanken mehr verloren. Im Gegenteil: Ich halte sie fest. Alle. Wer weiß, wann ich sie noch brauche. Ich durchdenke manche Dinge so oft, dass diese Gedanken schon eigene Spurrinnen haben. Reserviert, exklusiv für Sorge 0815 und Eventualität 007 zum Beispiel.
Wie sehr ich diese Spurrinnen immer wieder teils unbewusst durchgehe, merke ich erst, als meine Tochter beim Frühstück aufgeregt aus dem Fenster zeigt.
Schau mal Mama, ein ganz kleines Eichhörnchen. Oder Eichkater – wie Oma immer sagt. Siehst du das?
Nein, antworte ich.
Aber Mama, du hast doch da gerade hingeschaut. Genau auf den Baum hast du gesehen, auf dem das Baby saß. Kannst du nicht mehr gucken?
Und da trifft es mich. Die Erkenntnis, dass ich etwas verlernt habe. Denn mein Kind hat Recht: Ich kann nicht mehr Gucken. Ich schaue nicht mehr auf das Hier und Jetzt. Ich habe verlernt, im Moment zu sein. Da, wo eigentlich alles und alle sind, die mir wichtig sind. Zum Beispiel die Menschen hier am Tisch um mich.
Und selbst wenn ich entspannen könnte, sucht mein Kopf eine Aufgabe. Im Handy, in Zeitschriften, in Listen. Denn wenn er rastet, dann könnte er ja einen Gedanken verlieren. Einen, der wichtig ist. Einen, der nicht übersehen werden darf. Und in dem Moment, wo ich mit meinem Kind am Fenster stehe und wir das kleine Eichhörnchen beobachten, sind ganz viele Gedanken einfach verloren gegangen. Vielleicht war da auch der ein oder andere wichtige dabei. Keine Ahnung, denn am Ende habe ich gemerkt, es ist gar nicht schlimm. Denn ich habe etwas anderes festgehalten: Den Moment, ohne Aufgabe und Spurrinne.
Also Kinder, lasst uns zusammen die Welt im Moment entdecken.
so wahr und so schön in worte gefasst. danke!
Lieben Dank! <3
Ich kann deinen Text gerade so gut nachvollziehen, mir geht es so weit unser Sohn „offiziell“ besonders ist, so und ich merke immer mehr wie ich zu mir selbst zurück finden muss, weil ich seit fast 6 Jahren nur am kämpfen, denken, grübeln und sorgen bin. Leider wird es bei uns wahrscheinlich nie einfacher werden.
Das tut mir leid zu hören. Auch hier wird es immer anders sein als anderswo. Es wäre vermessen, zu sagen, dass es leichter wird. Aber es wird anders. Ich wünsche dir nur das Beste.
danke für deine Worte!