Langsam wird es dunkel, der Tag neigt sich dem Ende. Bald ist es Nacht und das heißt für mich, es ist die letzte Nacht mit meinem Baby, mit dir. Ich lasse das letzte Jahr Revue passieren. Ich denke an deine tolle Geburt, die ich so sehr brauchte. Wie du in meine Arme gelegt wurdest und es sofort ruhig war. Dein Blick, mein Blick: Verbundenheit, von Anfang an.
Einzigartig, verbunden
Diese Verbundenheit, die uns durchs erste Jahr brachte, die ich aber manchmal verfluchte. Zu eng, zu viel, zu doll und doch reichte es dir nicht. Wie oft konnte ich nicht mehr und fragte mich, warum du so anders bist als deine Schwester. Ich weiß es bis heute nicht, und doch ist es gut so. Denn was du mich gelehrt hast, ist, dass jeder Mensch anders ist.
Was ich eigentlich hätte wissen müssen, aber mit meiner platten Einstellung nicht wahrhaben wollte. Dass Menschen nicht erst „gemacht“ werden, wenn sie groß sind. Sie SIND von Anfang an… ihr Wesen, ihr Charakter, ihre Seele. All das bist du seit dem 1.7.2016 um 18:35 Uhr. Ach, eigentlich warst du es schon in meinem Bauch. Ein eigenes Wesen, ein eigener Charakter, eine eigene Seele.
Ein Mensch, den ich nicht mehr lieben könnte. Denn neben all der Nähe, die du brauchst, all dem, was ich dir geben kann, gibst du mir so viel. Dein Lachen, deine Liebe, dein starker Wille zeichnen dich aus. All das macht dich nicht besser als deine Schwester, nicht schlechter. Es macht dich so einzigartig, dass man euch kaum vergleichen kann.
All das bist DU
Ich werde in deinem Gesicht immer diese weiche Stupsnase und die runden Wangen sehen. Auch wenn du es irgendwann nicht mehr tun wirst, so werde ich nicht vergessen, wie du zu meinen Füßen sitzt und deine kleinen Hände ruckartig nach mir ausstreckst. Wie du zum Gruß immer die Hand wie ein Rapper hebst und wie du bei meinem Anblick laut „Mammma“ sagst und es so lange wiederholst, bis du bei mir bist oder ich wunschgemäß reagiere. Wie du am liebsten und besten schon seit deiner Geburt auf der Seite geschlafen hast und schon immer immer IMMER die Augen wohlwollend verdrehst, wenn ich dir deinen kleinen Kopf kraule. Dieser kleine Kopf, der immer einen eigenen Willen hat und sich diesen immer einzufordern versucht. Der, der sich an die Schulter kuschelt, von der er weiß, dass sie zu einem Beschützer gehört. Das sind nicht viele Menschen in deinem bisherigen Leben, Mama, Papa, Schwester und Oma Katze. Für diese Menschen lässt du dich fallen.
Gleich beginnt unsere letzte Nacht zusammen, mein Baby.
Aber vielleicht spricht hier zu viel Theatralik aus mir, ein bisschen Wehmut und die Frage, ob du mein letztes Baby sein wirst. Denn wenn wir ganz ehrlich sind, dann wirst du auch morgen noch mein Baby sein. Mein einjähriges Baby. Und dann mein zweijähriges, dreijähriges und immer weiter. Denn auch deine Schwester ist mein Baby. Mein erstes, dass mich zur Mama gemacht hat. Doch du, du hast mich noch stärker gemacht, hast mir gezeigt, dass meine Grenzen eigentlich viel weiter sind. Hast mich Geduld gelehrt und auch Übermut. Durch dich kenne ich mich nun viel besser und ich weiß nun auch, was ich will.
Ich lege mich nun zu dir mein Baby, und kuschle mich vielleicht ein bisschen fester an dich. Denn heute Nacht bist du noch mein Baby.Doch morgen früh werden wir wach und deine Augen werden strahlen. Du wirst nicht wissen, warum wir uns so freuen und warum deine Schwester so aufgeregt ist. Aber du lässt dich anstecken und klatscht mit, lachst laut und hüpfst auf der Stelle.
Denn das bist du: laut und fröhlich!
Herzlichen Glückwunsch an das große Baby <3.
Habe Gänsehaut bekommen beim Lesen
So schön geschrieben.
LG Sandra
Das hast Du so schön geschrieben, jetzt muss ich weinen ;-) Mein Baby (auch das zweite, 5 Monate alt) liegt gerade neben mir und mir graut es ein wenig davor, wenn es kein Baby mehr ist. Ich kann Dir so nachfühlen. Babys sind was ganz Wunderbares. Aber Kinder auch. Und wir müssen die Babyzeit einfach in unserem Herzen behalten und uns immer gerne daran zurück erinnern. Ganz viel Liebe für euch