Ich wünsche mir grosse Kopfhörer…

3. August 2015
familieberlin
Kleinkind

In letzter Zeit schlackerten mir öfter die Ohren. Wenn ich mit der Bahn fahre und höre, wie eine Mutter ihrer kleinen Tochter nach dem Niesen, statt „Gesundheit“ ein „Stirb leise“ entgegen bringt. Wie Menschen manche Begriffe zweckentfremden und das Wort „behindert“ in einer Zeit, in der Inklusion alltäglich sein sollte, als Schimpfwort nutzen. Oder auch, wenn einem kleinen Mädchen etwas gewünscht wird, was ich nicht einmal meinem schlimmsten Feind wünsche.

Es sind nur vereinzelte Beispiele für Dialoge, Wörter und auch Situationen, vor denen ich mein Kind am liebsten schützen möchte. Ich wünsche mir riesige unsichtbare Kopfhörer. Diese möchte ich meinem Kind aufsetzen, wann immer ich glaube, sie beschützen zu müssen. Doch sie sollen unsichtbar sein, denn manchmal wäre es gut, dass sie nicht merkt, wenn ich sie beschütze. Dafür gibt es drei Gründe:

1. Sie ist ein Kleinkind im besten Papageien-Alter. Sprich, sie schnappt ein Wort, einen Laut oder eine Intonation auf und wiederholt sie mit solcher Inbrunst, dass theoretisch auch Schimpfwörter zeitweise niedlich wirken könnten. Probieren möchte ich es nicht.
2. Wenn eine Mutter dem Kind „Stirb leise“ anraunzt, dann frage ich mich, welchen Umgang die Kinder lernen. Respekt und Wertschätzung leider nicht. Doch diese Art ist nicht allgegenwärtig, trotzdem sieht mein Kind, dass ein respektvoller Umgang nicht selbstverständlich ist.
3. Die Welt ist nicht immer gut. Noch geht miniberlin davon aus, dass es nichts schlimmes auf der Welt gibt. Nachts im Dunkeln aufwachen und Angst haben oder der kurzzeitige Abschied von Mama und Papa sind das Schlimmste, was sie bisher kennt. Vor mehr würde ich sie am liebsten immer bewahren. Das kann ich nicht, aber ich möchte es doch, so lange es geht.

Ich wünsche mir riesige unsichtbare Kopfhörer, die immer über dem Kopf meiner Tochter schweben. So kann ich sie ihr schneller unbemerkt aufsetzen. Etwas plüschig sollten Sie sein, falls ich sie nicht sofort in den Arm nehmen kann. Aber eigentlich würde ich immer hinter ihr stehen, sie auffangen, wenn sie ins Wanken kommt und in den Arm nehmen, wenn sie Schutz braucht. Wenn ich den Faden weiter spinne, dann möchte ich mich nie von ihr trennen und alles böse von ihr fern halten.

Und schon wird es unsinnig. Grosse unsichtbare Kopfhörer sollten es aber sein, ok?

Eure Bella

3 Kommentare

  1. Eine gute Idee, aber ich finde ja man sollte die Kinder nicht abschirmen. Wäre es nicht sinnvoll Ihnen eher zu zeigen wie man die Dinge auch anders machen kann? Sie aufzufangen wenn sie wankt finde ich übrigens toll. ♡

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  2. Ja, das geht mir auch so, und ich muss auch sagen, dass ich meine Kinder in unserem privaten Bereich bewusst von manchen Dingen fernhalte, wenn es geht. Sie sollen so lange wie möglich etwas „naiv“ und unschuldig bleiben. Leider wird das durch die Außenwelt viel zu schnell wieder ausgehebelt. Manchmal denke ich, es liegt an dem lauten, rabiaten Berlin. Dann fahre ich aufs Land und höre mit Schaudern, wie man dort mit Kindern (oder überhaupt mit Menschen) umgeht. Ich sage auch manchmal ganz deutlich in Gegenwart meiner Kinder, wenn ich etwas nicht kindgerecht finde (zum Beispiel Großeltern), aber ob das reicht? Mir geht es da wie Dir und ich möchte sie am liebsten von allem fernhalten…
    Liebe Grüße!

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  3. Hallo Bella,

    diese Beobachtung die du hier beschreibst, ist ja leider Alltag heutzutage. Viele merken gar nicht, wie sie mit Worten andere verletzen und ihn Schaden zufügen.
    Gerade die Kleinsten unter uns tragen solche Worte ein Leben lang als unsichtbare Narbe mit sich herum.

    Wir können es nur besser vormachen und hoffen, dass das viele sehen und uns nacheifern.

    Mit sonnigen Grüßen
    Jana

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