Wisst ihr noch, wie ihr euer Kind in die KiTa eingewöhnt habt? Langsam, mit Blick auf seine Bedürfnisse, liebevoll, stets im Austausch mit allen relevanten Bezugspersonen. Zeit war ein wesentlicher Faktor. Mehrere Wochen, manchmal sogar noch länger. Jeden Tag ein kleines bisschen mehr Abstand, mehr Trennung, mehr Loslassen. Mit Rückschritten und Fortschritten und manchmal auch einem wilden Tanz aus beidem.
Diese Zeit, die wir alle hatten, um anzukommen, um loszulassen. Denn loslassen als Mutter ist nicht leicht. Nicht umsonst munkeln viele Eltern, dass die Eingewöhnung auch für sie selbst sei. Wir lernen die ErzieherInnen kennen, die Kinder um uns und oft auch viele Eltern dazu. Wir tauschen uns aus und wachsen alle miteinander in eine neue Etappe als Familie.
Sofortstart in die Schule
In der Schule gibt es leider keine Eingewöhnung. Kein langsames Rantasten, kein Kennenlernen, kein Raum für Rückschritte oder ein Tänzchen. Seit dem ersten Tag schicke ich mein Kind in ein Gebäude, was ich dank Corona nie wirklich von innen sah. Den Klassenraum kenne ich nur aus Beschreibungen. Ich gebe es am Tor ab und es stapft zu einer Lehrkraft, die ich nur auf einer kurzen Elternversammlung mit Abstand kennenlernte. Es zieht dahin zu Kindern, die ich nicht kenne und erlebt am Tage mit ihnen Sachen, von denen ich am Abend nur mit Geduld und Glück erfahre. Denn manchmal waren die Tage nur knapp formuliert „Gut“, obwohl sie schon ganze Sätze lesen kann, mit den neuen Freunden neue Spiele spielt und die ersten Rechenaufgaben problemlos löst. Das erfahre ich nicht immer. Manchmal später. Manchmal im Detail. Manchmal von anderen.
Eine neue Art der Beziehung
Ich spüre, wie unsere Beziehung auf eine neue Ebene gehoben wird. Geprägt vom Loslassen und Vertrauen. In mein Kind, in mich selbst, aber auch in andere, oft neue Menschen in unserem Leben. Dieses Vertrauen haben wir in den letzten Jahren gemeinsam entwickelt. Nicht nur jeweils in uns selbst, sondern auch ineiander. Denn meinem Kind kann ich von nun an vieles nicht mehr ersparen. Ich kann sie nicht beschützen oder ihr in eine neue Situation helfen.
Aber ich kann da sein und das weiß mein Kind.
Dafür muss ich zuhören. Ich muss einordnen, was ich höre und sehe. Ich muss meinem Kind zugestehen, Erfahrungen zu machen, die ich nicht steuern kann. Dazu gehören auch Konflikte und Rückschritte. Und von manchen werde ich vielleicht nie erfahren. Wer weiß?
Von jetzt an bin ich oft nur noch Zuschauer. Manchmal sogar auf den hintersten Rängen.
Von jetzt an erfahre ich nicht mehr alles und sofort und im Detail. Das ist ja dieses Loslassen.
Von jetzt an kann ich mein Kind nicht mehr 24/7 vor Konflikten und Problemen bewahren.
Mein täglicher Tanz
L-O-S-L-A-S-S-E-N, ich wiederhole mich. Aber ich weiß eben auch, dass es schwer fällt. Nicht allen und jedem. Und auch mir fällt es an manchen Tagen leicht, an anderen weniger. So ist das eben mit dem Leben und dem wilden Tanz aus Fort- und Rückschritten. In allen Bereichen.
Und so habe ich täglich eine neue Aufgabe, wenn ich mein Kind am Tor abgebe und sie stolz und stark von dannen zieht. Ich atme, lächle und lasse los, während in meinem Kopf leise ein Chachacha-Takt summt. Und gebe ihr damit vielleicht einen kleinen Schubser mehr, mit dem sie ihre Flügel ausweitet und in einen neuen Tag tanzt.
Einem, von dem ich im besten Fall abends erfahre.
Oder eben auch nicht.
Gut.
Übrigens: Ein tollter Text zum Schulstart und was wir tun können, gibt es von Saskia bei OHHHMMM.
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