Über zweite Kinder: Es wird anders, definitiv!

19. Juni 2018
familieberlin
Familienleben | Gedanken | Podcast

Seit einiger Zeit häufen sich in meinem Umfeld die Gedanken um zweite Kinder. Die ersten sind nun größer, sie sollen nicht allein bleiben, der Lebensplan besagte bisher zwei Kinder – Gründe gibt es viele. Vielleicht ist es selektive Wahrnehmung, vielleicht ist es die Hormonlage, vielleicht ist es aber auch so, wie es ist. Witzigerweise häufen sich die Gespräche mit mir, denn ich habe zwei Kinder. Und noch witziger finde ich, dass ich als Expertin gelte, wenn es um zwei Kinder mit so unterschiedlichen Gemütern geht.

Zwei komplett verschiedene Kinder mit gleichen Genen

Die Laute und die Leise, die Zarte und der Haudegen. Ja, ich bin selbst Schuld, denn so denke ich über meine Töchter wirklich und bin immer wieder erstaunt darüber, dass sie die gleichen Eltern haben. Hätte ich mir vor der zweiten Schwangerschaft Gedanken um das Gemüt meines zweiten Kindes gemacht, wäre ich nie darauf gekommen, dass es anders werden würde. Ihr erinnert euch: Ich dachte, es liegt an meinem Umgang mit dem Kind und meiner entspannten Art, dass die Große so tiefenentspannt und ruhig war. Nun ja.

Vielleicht bin ich auch an der Art der Kleinen Schuld, an diesem lauten, an diesem dollen. Vielleicht hätte ich nicht in der sechsten Schwangerschaftswoche mit ihrer großen Schwester aufs Trampolin gehen sollen. Doch die Ärztin prophezeite damals nichts Gutes und ich dachte mir, ich würde es bereuen, ihrer Schwester das Vergnügen nicht zu gönnen und das Baby im Zweifel doch zu verlieren. Vielleicht war aber auch diese Action im Bauch der Grund für die Kleine, zu bleiben.

„Yeah, da auf der Welt scheint ja was los zu sein. Bleibe ich mal“

Über Zweifel sprechen: Was, wenn das zweite Kind anders wird?

Fakt ist, dass viele Menschen mit mir über ihre Gedanken sprechen. Sie fragen mich nicht um Rat, sie reden mit mir. Dass sie Sorge haben, dass nach einem entspannten ersten Kind ein kräftezehrendes Kind kommt, was sie nicht händeln können. Dass sie Angst haben, dass nach einem kräftezehrenden ersten Kind ein noch anspruchsvolleres Kind in die Familie kommt. Dass sie ihren Job nicht mehr so machen können, wie geplant. Dass die Familie an einem noch fordernderen Kind zerbricht. Es werden Wünsche geäußert, nach ebenso entspannten oder eben viel entspannteren Kindern als die Ersten.

Und so lange ich bis zu diesem Punkt nur zuhöre, vielleicht von unserem Weg und unserer Entscheidung spreche, interveniere ich hier. Denn: Es wird anders, definitiv! Niemanden gibt es zweimal. Kein Kind wird wie das andere. Eines ist ruhiger, eines ist lauter. Es geht sicher noch ruhiger, es geht aber sicherlich auch noch lauter. Es gibt Kinder, die sind als Baby tiefenentspannt und werden laut und unruhig, wenn sie in die Schule kommen. Kinder, die früher jeden Baum und jeden Fluss erzwangen, müssen in der Pubertät nicht rebellisch sein. So anders wie jeder Mensch ist, der auf dieser Welt lebt, so anders ist jede einzelne Entwicklung. Doch zu dieser Weisheit brachten mich erst meine Kinder.

Die Einsicht kommt mit jedem weiteren Kind

Die, die sich so unterschiedlich entwickelten wie Feuer und Wasser. Die, die in ihrer Art einfach nicht vergleichbar sind und mich doch immer wieder feststellen lassen, dass sie sich so sehr unterscheiden. Doch bei dieser Feststellung bleibe ich. Ich gehe nicht mehr tiefer und rätsele, wer hier schneller und da besser war. Das machen schon andere Menschen für mich. Ich sitze mittlerweile da und geniesse ihre Unterschiede. Denn sie sind anders, definitiv.

Die eine sucht Lösungen, die für alle gut sind, geht Kompromisse ein und macht auch Abstriche. Das kennt die andere nicht. Sie reisst Wände ein, selbst wenn die Türen weit offen stehen. Sie erklimmt Berge und reisst ihre Schwester mit. Zusammen sind sie sich einig, meistens. Sie können wie eine feste Mauer zusammenhalten und sich gegenseitig trösten und schützen. Denn jede hat in ihrer Art Kompetenzen und Vorzüge, die sie im Leben weiter bringen.

Gibt es Regeln darüber, wie die zweiten oder dritten werden?

Die Zweiten werden doch meistens entspannter, weil sie nie im Mittelpunkt standen, oder? Dieses Argument höre ich oft und ja, ich kenne auch viele Geschwisterpaare, bei denen das so war. Aber was, wenn sie weniger entspannt werden, weil sie eben NIE im Mittelpunkt standen und es sich einfordern? Auch dieses „Naturgesetz“ höre ich oft.

Rückblickend bin ich froh, meine Entscheidung zu einem zweiten Kind niemals von der Möglichkeit ihres Gemüts abhängig gemacht zu haben. Nicht, weil es mir egal war, sondern weil ich nicht darauf kam. Und so endet der Austausch mit mir über das zweite Kind eben doch in einem Ratschlag. Doch nicht nur der, dass das zweite Kind definitiv anders wird als das erste. Was ich allen rate, die sich wegen des Gemüts der Kinder nicht entscheiden können, rate ich:

Was möchtest du für dein Kind, in 1, 5 oder 10 Jahren. Und wenn du irgendwann auf dein Leben zurückblickst, was möchtest du sehen?

Und eines kann ich jetzt schon verraten. So viele schlaflose Nächte, anstrengende Tage und auch Tränen in den Augen ich schon hatte: All das verblasst. Ich sehe es nicht mehr und bei mir ist es erst knapp ein Jahr her. Aber was ich nicht vergesse, sind die Abende, an denen sie kuschelnd einschlafen, sich gegenseitig trösten und als erstes am Morgen nach ihrer Schwester verlangen. Ich vergesse nicht, wie sie sich gegenseitig versuchen, mit Kirschen zu füttern oder zusammen Verstecken spielen. Es ist die Art der einen in Kombination mit dem Charakter der anderen, die das alles so einmalig und einprägsam machen. Denn jede ist anders, definitiv!

4 Kommentare

  1. Ein toller und wahrer Text. Danke.

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  2. Hallihallo Bella,
    dass ist so wundervoll und ein fühlst geschrieben, dass ich es selbst nicht besser hätte sagen können. Diese Einzigartigkeit jedes einzelnen Kindes und die Verbundenheit der beiden ist so wunderschön zu erleben.
    Meine Kinder sind inzwischen schon groß ( Tochter 27 Jahre und Sohn 25 Jahre ) und nun erlebe ich das gemeinsame Aufwachsen meiner beiden Enkelinnen, 13 Monate und fast vier Jahre, die auch jetzt schon so unterschiedlich in ihrem Wesen sind und doch ähnlich im Aussehen.
    Ich wünsche allen Eltern auf der Welt tolle Kinder, aber noch mehr wünsche ich allen Kindern tolle Eltern, die jedes Kind so annehmen, wie es ist, ohne es umformen zu wollen, denn damit geben sie ihnen beste Chancen für ein gutes Großwerden.
    Liebe Grüße
    Angela

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    • Das ist ein schöner Gedanke und Wunsch! Liebe Grüße, Bella

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