Kürzlich bekam meine Tochter ein neues Puzzle. Doch statt es euphorisch auszuprobieren, sagte sie nur:
„Mama, ich mach‘ das nicht. Ich habe Angst, dass ich was falsch mache!“
Kind, du wirst Dinge falsch machen. Egal, ob du Neues probierst oder bei alt bewährtem scheiterst. Manchmal startest du hoch motiviert in neue Abenteuer und alles geht gut und am nächsten Tag fällt dir ein Ei beim morgendlichen Omlette runter. Wenn man so will, hast du in dem Moment was falsch gemacht. Aber statt dich zu ärgern, solltest du dich vielleicht fragen: wen kümmert‘s?
Ist es so wichtig, dieses oder jenes sofort und immer richtig zu machen? Stört es jemanden, wenn Dinge nicht auf Anhieb perfekt sind? Es wird Kritiker geben, doch was sind ihre Stimmen wert? Viel wichtiger sind deine eigenen Stimmen — die innere und deine hörbare nach außen. Stehst du zu deinen Fehlern und lassen sie dich wachsen? Denn es ist ok, wenn du was falsch machst, ob heute beim Puzzeln oder später im Job, der Liebe oder im Hobby.
Wer ist schon perfekt?
Niemand ist perfekt mein Kind, auch deine Mama nicht. Ich wäre manchmal auch lieber mehr von dem und weniger von diesem. Doch am Ende sind wir so, wie wir sind. Und sind wir doch mal ehrlich: diese Fehler sind es auch, die uns ausmachen. Zahnlücken haben schon berühmte Leute gemacht und eine gewisse Tollpatschigkeit sorgte auch für große Sympathie. Selbst Unsportlichkeit kann sich als Stärke erweisen – frag deine Mama. Denn was hätte ich damals in der Schule dagegen ankämpfen sollen, wo meine Energie so viel besser in andere Schulfächer investiert war. Denn manchmal ist es nicht die Person, die diese Fehler prägt, sondern alles drumherum und zusammen. Manchmal gibt ein System einem das Gefühl, nicht gut genug zu sei — um beim Schulbeispiel zu bleiben. Denn wenn ich heute meine Liebe zum Sport sehe und den Spaß, den ich dabei habe, denke ich mir: warum war das damals nicht schon so?
Doch ich schweife ab mein Kind. Du weißt, was ich dir sagen will. Auch wenn du in meinen Augen perfekt bist, so wirst du es in deinen vielleicht nie sein. Ich glaube, das liegt in der Natur eines Menschen, sich selbst immer kritisch zu betrachten. Und doch hoffe ich, dass ich dir ein bisschen dabei helfen kann, dich in einem besseren Licht zu sehen. In einem Licht, dass Fehler kleiner und Stärken größer erscheinen lässt. Ein Licht, in dem du immer besser dastehst, als du dich vielleicht fühlen würdest, wenn ich anders gehandelt hätte. Wenn ich dir deine Fehler immer wieder unter die Nase gerieben hätte. Wenn ich dir gezeigt hätte, dass du nicht mehr bist als ein Mensch, der alles und vieles falsch macht.
Für Fehler gerade stehen
Stattdessen sage ich dir das, was ich selbst erst lernen musste: es ist ok Fehler zu machen, im Großen wie im Kleinen. Doch sind sie auch mal schlimm, musst du für sie gerade stehen. That’s the deal! Egal, ob du deine Schwester haust oder später mal Kaugummis im Zeitungsladen klaust. Denn Fehler sind dazu da, daraus zu lernen, ob mit vier oder mit vierzehn. Und wenn du sie brauchst, reiche ich dir meine Hand. Um dich zu trösten, wenn du selbst untröstlich bist, weil du deiner Schwester wehgetan hast. Und auch, um dich vielleicht bei der Polizei abzuholen. Aber das machen wir nur einmal im Leben, ok? Mehr muss wirklich nicht sein! Fehler sind ok und sie sorgen nicht dafür, dass ich dich weniger lieb habe und erst recht: sie sollten niemals der Grund für dich sein, etwas nicht zu versuchen.
Das weiß ich heute alles, du musst es noch lernen.
Das wäre die lange Antwort auf deinen Satz mein Kind. Doch du bist erst vier, was sollen diese vielen Worte schon zu dir? Deswegen hier die kurze Antwort:
„Komm, versuche es und gleich komme ich dir helfen!“
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