Freundschaft unter Müttern: Gesprächsfetzen in der Luft

10. Oktober 2017
familieberlin
Freundschaft | Gedanken

Ich liebe es, mich mit Menschen zu treffen. Reden, Austausch, Lachen – all das steht für mich dann im Mittelpunkt. Meine Freunde sind mir wichtig, auch wenn wir uns nicht so oft sehen oder hören, wie ich es gern hätte. Denn ja, ich vergesse es, auf Nachrichten zu antworten oder anzurufen. Ich denke aber oft an sie und möchte sie gern öfter sehen. Wenn es dann soweit ist, treffe ich mich oft am Nachmittag mit ihnen, meist mit Kindern. Denn wie so oft haben viele meiner Freunde ebenfalls Kinder, so dass sie alle miteinander spielen und wir uns ungestört unterhalten können.

Theoretisch.

Neulich war ich mit einer Freundin in einem Café. Wir haben extra eines mit Rutschen, Büchern und Bällebad gewählt, um den Kindern möglichst viele Möglichkeiten zum Spielen und Entdecken bieten zu können. Doch am Ende haben wir die Rechnung nicht mit ihnen gemacht. Mein Baby wollte alles entdecken und ungeachtet ihrer Fähigkeiten hoch hinaus, die Kinder meiner Freundin hatte sich in der Wolle und überhaupt hatte einer von uns beiden mindestens ein Kind am Wickel. Streit schlichten, Kaffee trinken, Spiele vorschlagen, Kuchen essen, hinterher klettern, festhalten. Egal welche beliebige Reihenfolge wir wählten, Reden kam definitiv zu kurz.

„Hast du schon gehört, dass Sandra jetzt… NEIN, nicht deine Schwester kneifen… jedenfalls ist sie total glücklich mit dieser Entscheidung. Aber sage mal, was machst du denn jetzt mit… Ja Schatz, du darfst dir noch ein Eis bestellen. Nein, nur eine Kugel, das reicht…Wo war ich? Schlafen deine Kinder auch gerade so schlecht?“

Diese Gespräche könnte man auf geistige Verwirrung schieben, Müdigkeit oder Überforderung. Aber sie sind, was sie sind: Gesprächsfetzen in der Luft. Wenn ich ganz genau hinschaue, dann kann ich sie sehen. Sie hängen schwerelos im Raum, silbrig schimmernd und hauchdünn. Sie gehen nicht weg, sondern warten darauf, wieder aufgegriffen zu werden. Manche von ihnen sind eingestaubt und man sieht ihnen ihr Alter an. Sie schweben ganz oben, schon eine Weile und werden wohl nicht mehr benutzt.

Aber sie sind, was sie sind: Gesprächsfetzen in der Luft.

Das Schöne an der Begegnung mit meinen Freunden ist, dass sich unsere Erwartungshaltungen kaum unterscheiden. Wir wollen zusammen sein, die Kinder zusammen spielen sehen und ab und an miteinander reden. Und wenn wir es nicht schaffen, so schwebt der Gedanke über uns bis einem von uns auffällt, dass wir ihn nicht zu Ende besprochen haben.

Manchmal gehe ich nach diesen Treffen nach Hause und habe das Gefühl, dass wir bei keinem Thema ans Ende kamen. Wir haben drei Stunden zusammen verbracht. Gelacht, geredet, geschlemmt und geschlichtet. Wir sind zusammen geklettert, haben uns über zu wenig Schlaf beklagt, haben gebastelt und Kinder getrennt. Wir hatten eine intensive schöne  Zeit zusammen, auch wenn ich immer noch nicht weiß, was Sandra denn jetzt macht. Aber vielleicht frage ich sie das einfach selbst. Dann gehen wir zusammen in dieses Café, mit den Büchern, Rutschen und dem Bällebad.  Denn da schwebt noch ein Gesprächsfetzen über sie in der Luft.

4 Kommentare

  1. Ja, genau SO! Sehr schön be – und geschrieben! Und wendet dieses ungute Gefühl in ein positives :)
    Mit vielen Grüßen von einer Mama mit vielen Gesprächsfetzen im Haar ;)

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  2. Hihi, Gesprächsfetzen in der Luft – Sehr schön :-) Ja, das kennt wohl jede Mama. So ist das eben. Aber immerhin hat man so mal Gesellschaft. Während die Kleinen nebeneinander her spielen, führen die Mütter ihre Kinder betreuuenden Tätigkeiten nebeneinander her aus. Trotzdem ein schönes Gefühl – zusammen zu sein.

    Liebe Grüße
    Lena

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  3. Das hast du schön geschrieben! Wie oft geht es mir selbst auch so. Toll ist, wenn du Freunde hast die das verstehen weil sie selbst Kinder haben. Ich habe noch viele Freunde die kinderlos sind da kommt man sich schon manchmal ein bisschen komisch vor, wenn man jeden zweiten Satz unterbricht. Danke für deinen Bericht! Das gibt einem ein bisschen Hoffnung.

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