Kürzlich interviewte ich eine Hebamme zum Thema Wickeln zweier Kinder. Das war bis vor wenigen Wochen noch Thema bei uns. Doch seit kurzem ist miniberlin tagsüber windelfrei. Wie es dazu kam, kann ich nicht mehr komplett sagen, es war ein Prozess. In diesen Prozess haben wir uns nicht reinreden lassen, denn viele (vorwiegend ältere) Menschen waren der Meinung, unser Kind solle nun endlich die Windel loswerden und auf die Toilette gehen.
Selbstbestimmung statt Dressur
Diese Stimmen haben wir stets ignoriert, denn ich erinnere mich selbst noch an meine Anfangszeiten ohne Windel. Na ok, nicht direkt, aber ich erinnere mich an diese kollektiven Toilettengänge in der KiTa, bei denen alle aufgereiht vor der Toilette standen und warteten. Egal, ob man musste oder nicht, hingehen musste man allemal. Das wollte ich meinem Kind ersparen und da unsere KiTa auch auf das Signal der Kinder wartete, waren wir uns einig. Ich erinnere mich auch an den Satz einer Freundin, die über ihren „Toiletten-dressierten“ Mann aus der ehemaligen DDR meinte: Der wurde so konditioniert, alle Stunde auf die Toilette zu gehen, dass er mittlerweile wirklich alle Nase lang geht, ob er muss oder nicht. Ob das stimmt, sei mal dahingestellt, aber trotzdem wird eines klar: Wir möchten unser Kind nicht konditionieren oder dressieren, denn das finde ich respektlos. Doch trotz eigener Entscheidung braucht das Kind Unterstützung. Egal, wann und wo!
Aller Anfang ist schwer
Manchmal denke ich, unsere Tochter ist ein Scherzkeks. Monate hatte sie Angst vor der Toilette und hat immer einen großen Bogen darum gemacht. Das akzeptierten wir und drängten sie nie! Doch waren wir in einem Restaurant, Café oder anderen öffentlichen Orten, wollte sie nur eines: Pipi machen ohne Windel. Auch hier kann ich ihr schlecht ihren klar formulierten Wunsch abschlagen, schließlich haben wir uns dafür entschieden, dass das Kind selbst bestimmen darf, wann sie ohne Windel sein darf. Also gingen wir unabhängig von Ort oder (Essens-)Zeit mit ihr in jeden verfügbaren Waschraum. Nicht immer waren wir erfolgreich, aber das Kind merkte langsam, dass Toiletten nicht schlimm sind. Doch war sie schon bereit für mehr?
Schon vor babyberlins Geburt hatten wir ein Wochenende, an dem miniberlin keine Windeln mehr tragen wollte. Eines Morgens sagte sie, sie wollte auf die Toilette. Ich fragte sie, ob sie denn danach eine Windel wolle und sie verneinte. Trotz warmer Temperaturen und wenig Kleidung, schafften wir es selten rechtzeitig ins Bad. Und so brachen wir das Experiment nach zwei Tagen und viel Wäsche ab. Es hätte sie nur enttäuscht und mich irgendwann ins Wäsche und Reinigungs-Chaos getrieben. Aber ich merkte, dass sie sich damit beschäftigte, denn ihre KiTa-Freundin war schon eine Weile ohne Windel. Das erzählte sie mir oft. Auch ein Buch darüber lasen wir zusammen von dem sie immer wieder redete.
Nach und nach Windelfrei auf eigenen Wunsch
Vor einigen Wochen erzählte miniberlin mir, dass, wenn man groß ist und keine Windeln mehr trägt, man Röcke und „Schlüppis“ tragen darf. Woher der Gedanke kam, ich weiß es nicht. Jedenfalls fragte ich sie, ob sie denn gern Schlüppis tragen wolle und sie strahlte mich an: Oh jaaaaa! Ich bin ja eine vorbildliche und stets vorbereitete Mutter und so hatte ich doch tatsächlich kaum welche im Haus. Aber als ich sie aus dem Kindergarten abholte, lagen sie da: passende Schlüppis mit Schmetterlingen, Streifen oder Punkten. Sie war begeistert. Und so startete unser erster windelfreier Nachmittag in Schlüppis und ohne Hose daheim. Also das Kind, nicht ich! Und siehe da: wir waren „erfolgreich“.
Doch was heißt erfolgreich? Wir hatten keine zusätzliche Wäsche, aber wir hatten einige schnelle Schritte zwischen Kinderzimmer und Bad. Denn so sehr sie sich auch wünschte, ohne Windel zu sein, so gern verliert sie sich im Spiel…oder im Abendessen. Und so hat unsere Bank am Esstisch wohl für immer einen historischen Fleck mehr auf dem Leder. Viele Nachmittage haben wir es probiert und es klappte. Irgendwann musste man miniberlin auch nicht mehr dran erinnern, zu gehen. Sie stapfte los, kletterte auf ihren „Klo-Thron“ und machte, was man im Bad eben so macht. Mal mit Erfolg, mal ohne. Aber stets mit Begeisterung.
Die kleinen Schritte, die zwanglos unterstützen
Lange Rede, kurzer Sinn: nun ist miniberlin den ganzen Tag ohne Windel, auch im Kindergarten. Dort geht sie nun mit ihrer Freundin zusammen ins Bad, und sie streiten darüber, wer zuerst Pipi machen darf. Sogar ihren Mittagsschlaf schafft sie nun schon ohne Windel. Sie ist stolz wie Bolle und trägt nun auch Röcke, was sie vorher nie wollte. Ob das mit ihrer Geschichte vom Anfang zu tun hat? Vielleicht.
So haben wir miniberlin unterstützt:
- Wir haben ihr nie den Wunsch abgeschlagen, auf die Toilette gehen zu wollen, auch wenn sie die praktische Windel um hatte. Sprich: auch nicht in Einkaufsstraßen, Parks oder Restaurants.
- Nachdem sie selbst meinte, sie wolle ohne Windel sein und „Schlüppis“ tragen, haben wir ihr schöne Unterwäsche gekauft, die sie gern trägt und sich jeden Tag im Schrank aussuchen darf.
- Um selbstbestimmt auf die Toilette zu gehen, brauchen die Kleinen noch Hilfsmittel. Ich bin kein Fan des Töpfchens, denn den hat man im Zweifel nicht immer dabei. Auch diese kitschigen Stühle finde ich nicht hilfreich, da die Realität nun mal nur weiße Keramik zu bieten hat. Aber einen Tritt und einen Aufsatz brauchen Kinder trotzdem und so durfte sich miniberlin ihren eigenen Hocker aussuchen, auf dem sie den Klo-Thron erklimmt.
- Wir haben passend zur Situation ein Buch gelesen. Das machen wir gern und hier haben wir uns „Der schönste Klo-Thron„(Affiliate Link) von miniberlins Freundin geliehen. Mal abgesehen davon, dass es von ihrer Lieblingsfreundin kam, fand sie die kleine Geschichte darum spannend.
- miniberlin ist es nicht mehr egal, was sie anzieht. Und so durfte sie sich neben der morgendlichen Kleiderauswahl auch Röcke aussuchen, die wir ihr dann kauften. Sie war so stolz, als sie ihn das erste Mal anziehen durfte und meinte nur: Mama, ohne Windel kann ich Röcke tragen. Ja mein Kind, das kannst du!
- Auch wenn ich Eingangs meinte, dass Kinder nicht auf die Toilette konditioniert werden sollen, so brauchen sie doch oft eine kleine Erinnerung oder aufmerksame Beobachter. Gerad im Spiel, beim Essen oder Lesen ist sie so versunken, dass sie nicht merkt, dass sie muss. Und so achte ich auf ihre Signale, merke, wenn sie körperlich unruhig wird und frage, ob sie gehen muss. Oft kommt ein Nein, oft ein Ja. Es ist ein bisschen wie russisch Roulette. Nun ja. Bin ich trotzdem der Meinung, sie muss, schlage ich ihr vor, gemeinsam zu gehen. Denn spätestens wenn ich dabei bin, möchte sie auch gern. Das ist nicht ganz ehrlich, aber hilfreich.
Unfälle passieren!
Den Kindern ist es unangenehm genug, wenn etwas daneben geht, sie brauchen nicht noch mehr emotionalen Druck. miniberlin hat zu Beginn oft geweint. Zu neu war die Situation und auch das Körpergefühl. Immerhin ging es sonst immer gut und sie merkte Dank Windel nicht, was sie da eigentlich tat. Nun stand sie aber da und war überfordert. In diesen Situationen halfen ihr liebe Worte und Erklärungen. „Es ist nicht schlimm“ hat sich seitdem in ihrem Wortschatz etabliert. Aber trotzdem haben wir mit ihr gesprochen, und ihr erklärt: was passiert da gerad und wie ginge es anders.
Niemals haben wir mit ihr geschimpft, auch wenn wir manchmal kurz davor waren. Denn wenn man nach vielen Tagen ohne Missgeschicke auf einmal wieder einen Tag voll Wäsche hinter sich hat, fragt man sich schon, was da schief läuft. Und genau das sollte man dann auch! War der Tag zu aufregend, ist das Kind zu abgelenkt oder ist sogar etwas vorgefallen, was sie aus der Bahn geworfen hat? Meist ist es wirklich die Ablenkung und das vertiefte Spiel. Aber auch das geht vorbei!
Wir haben nun einfach immer Wechselsachen dabei und ziehen sie um. Zum einen soll sie sich nicht erkälten, denn es ist nicht mehr warm. Zum anderen möchte ich nicht, dass sie vor anderen mit nassen Hosen läuft. Das ist demütigend! Zu viele Kommentare oder vielleicht sogar Witze, denn wir wissen alle, dass Fremde die Situation und die Erziehung immer viel besser meistern würden als wir selbst. Einmal ist uns auf dem Heimweg von der KiTa ein Missgeschick passiert und ich perfekte Mutter hatte mal wieder nichts dabei außer Baby und Schlüssel. Um den Weg trotzdem einigermaßen respektvoll zu meistern, habe ich miniberlin ihre Jacke um die Hüfte gebunden. So sah niemand die nasse Kleidung und sie war trotzdem etwas gewärmt. Nicht schön, aber was soll ich tun?
Ich glaube der Mix aus respektvoller Motivation und eigener Entscheidung führte bei uns zu einer windelfreien Zweijährigen. Na ok, eigentlich ist sie schon zwei Jahre und acht Monate. Aber selbst wenn sie schon drei Jahre oder älter wäre: dann sei es so. Ich kenne einige Kinder, die später trocken wurden und damit ist auch keine Welt untergegangen. Wichtig ist, dass Kind und Eltern spüren, wenn der Zeitpunkt richtig ist und akzeptieren, wenn es vielleicht noch nicht so weit ist.
Hatten eure Kinder auch Angst vor der Toilette? Was half euch dabei, die Windel loszuwerden?
Liebe Grüße
eure Bella
Hallo Familieberlin,
Ich habe ähnliche Erfahrungen mit meiner Tochter gemacht. Bzw. Mache ähnliche Erfahrungen. Ich setze meine Tochter seit sie 10 Monate alt ist, auf die Toilette. Im Grunde nur deswegen, weil sie dank Stoffwindeln öfters gewechselt wird und sehr häufig etwas „daneben ging“ als sie kurz ohne Windel war. So bin ich zum ersten Schritt über gegangen und habe sie immer aufs Klo gesetzt. Ohne Aufsatz, da ich dafür nicht vorbereitet war. Etwas später haben wir dann einen Kloaufsatz gekauft und sie regelmäßig aufs Klo gesetzt (nach dem Schlafen und essen). Wichtig war uns dabei, dass sie sich darauf wohlfühlt.
Doch es sollte noch sei Monate dauern, bis sie wirklich verstanden hatte, was da passiert. Plötzlich wollte sie nicht mehr auf die Toilette und wir haben ihren Wunsch respektiert. Nur um drei Tage später festzustellen, dass sie sich selbstständig meldet, wenn sie groß gehen muss (eines ihrer ersten Wörter war „gaga“). Seither ist es eine Mischung aus selbstständigem Klo gehen und aufgefordertem. Wobei wir immer akzeptieren, wenn sie nicht will. Es hat auch bereits Tage gegen, wo sie ohne Windel gehen wollte und wir ihr den Wunsch erfüllten. Meistens mit einem kleinen Unfall, aber wir haben uns daran gewöhnt und schimpfen nicht mehr (am Anfang taten wir das, einfach nur, weil wir selbst etwas überfordert waren).
Inzwischen ist unsere Maus einanhalb Jahre alt und trägt noch immer Windel. Aber sie geht selbstständig auf die Toilette, wenn sie groß muss. Manchmal auch, wenn es nur Pippi ist.
Das klingt gut, ihr scheint einen für euch passenden Umgang damit gefunden zu haben. :)