Ich bekomme immer mehr Zuspruch und Reaktionen auf meine Reihe „Langsam selbstständig“. Deswegen möchte ich auch ab und an anderen den Raum geben, über ihren Weg in die Selbstständigkeit zu sprechen. Als ich beim letzten Mal über meine Gründe für diese „Langsamkeit“ geschrieben habe, hat Stephi reagiert. Sie meinte, dass ich richtig handle, denn sie sind gerade mitten drin und das…langsam. Also habe ich Stephie und ihrem Mann ein paar Fragen gestellt zu hrem Startup 3Weine.
Wer seid ihr und was macht ihr genau?
Wir sind Stephi und Frank, verheiratet und haben 4 Kinder (2 gemeinsame). Frank ist Softwarearchitekt und ich bin Produktmanagerin. Beide arbeiten wir seit vielen Jahren in Internetunternehmen und uns verbindet unter anderem eine Leidenschaft für außergewöhlich gute (Online)Produkte / -services. Im April vergangenen Jahres hatte Frank die Idee zu unserem Startup 3Weine.de. Er hatte bereits erste Erfahrungen mit einem anderen Startup in dem Segment gesammelt und entsprechende Kontakte zu Winzern aufgebaut. Als Weinliebhaber hat er sich schon seit vielen Jahren damit auseinandergesetzt, ein Produkt zu bauen, das Menschen dabei hilft ihren Weingeschmack kennen zu lernen. Wein hat oft einen elitären Hauch. Die Art in der Wein verkostet und beschrieben wird, trägt dazu bei, das Berührungsängste entstehen. Das wiederum führt dazu, dass Leute Angst haben im Weinregal daneben zu greifen und vermeintlich viel Geld für eine Flasche Wein auszugeben, die am Ende nicht schmeckt.
Wir glauben, dass man das ändern kann und möchten Menschen dabei begleiten, ihren eigenen Geschmack auf ihre Weise kennen zu lernen. Wir glauben, man muss nicht rausschmecken welche Aromen ein Wein mit sich bringt, um für sich selbst einschätzen zu können, welchen Wein man mag und welchen nicht. So ist aus einer Idee, die Frank schon seit vielen Jahren im Kopf hat unser Startup geworden.
Du hast auf meine Reihe reagiert und gemeint, dass langsam für euch der richtige Weg war. Wie lange dauert euer Weg bereits?
Im April letzten Jahres war die Idee geboren, die Umsetzung des ersten Prototypen ging dann sehr schnell, wenn man bedenkt, dass wir keine fertige Shoplösung nutzen, sondern Frank alles selbst entwickelt hat. Denn der Algorithmus mit dem wir herausfinden, welcher Wein zu unseren Kunden passt, existierte bisher nicht und ist eine komplette Eigenentwicklung. Online gegangen sind wir dann Ende Juni 2016.
Wie seid ihr „langsam“ da ran gegangen?
Wie ich oben schon geschrieben habe, verbindet uns eine Leidenschaft für gute Internetservices- und Produkte. Und ein wirklich gutes Produkt schüttelt man nicht aus dem Ärmel. Wir geben ein Versprechen – nämlich dass wir Menschen dabei begleiten, ihren Weingeschmack kennenzulernen und neue Weine zu entdecken. Dieses Versprechen möchten wir einhalten. Dafür wollen wir begreifen, wie unsere Kunden Wein trinken, wie sie ihn bewerten, warum sie Wein trinken und wann. Und mit jedem Kunden, jedem Gespräch und jedem Feedback lernen wir unser Produkt noch besser zu machen. Und erst wenn wir beide fest davon überzeugt sind, dass das Produkt unseren (sehr hohen) Ansprüchen gerecht wird, sind wir auch bereit zu wachsen und zu investieren. Ob dieser Weg nun ein Monat oder ein Jahr dauert ist dabei weniger relevant als die Frage.
Was hat sich als besonders schwierig erwiesen?
Privat war die grösste Herausforderung, dass vier Kinder – davon zwei sehr kleine – einen schon ordentlich auf Trapp halten. Ein Startup kostet immens viel Zeit, denn knappes Kapital und knappe Ressourcen führen dazu, dass sich die Aufgaben türmen und man sich schnell erschlagen fühlt. Gleichzeitig ging im Oktober meine (Stephi) Elternzeit zu Ende und ich habe mit einer 30 Stunden Woche wieder angefangen in meinem alten Job zu arbeiten. Entsprechend muss Frank mehr Last alleine tragen. Darunter leiden einige Themen, z.B. Social Media und PR.
Was war für euch besonders hilfreich?
Dass wir zu zweit sind und dass wir sehr gut miteinander arbeiten können. Wir haben oft eine unterschiedliche Sichtweise auf die gleichen Dinge und können gut und fair diskutieren und so oft neue Ideen entwickeln. Wir haben unterschiedliche Stärken und können diese gegenseitig auch sehr schätzen. Das hilft uns zu zweit besser zu sein, als alleine. Das klappt privat mindestens genauso gut wie beruflich. Ausserdem haben wir keine traditionelle Rollenverteilung in der Familie. Bei uns macht jeder das, was gerade ansteht. Mal einer mehr, mal der andere. Wenn einer nicht mehr kann, fährt er einen Gang runter und er andere einen Gang hoch. Das klappt gut und meist ohne Absprache.
Wie geht es mit 3Weine weiter?
Wir werden in den kommenden Monaten die erste Finanzierungsrunde starten und dann in Marketing, feste Mitarbeiter und eine Sortimentserweiterung investieren. Unser Prototyp ist jetzt an einem Punkt an dem wir ihn für so Marktreif halten, dass wir beide bereit sind, mehr Risiko einzugehen.
Würdet ihr wieder so starten?
Ja, ja und wieder ja!
In der Reihe „Langsam selbstständig“ teile ich meine Erfahrungen über den achtsamen Weg in die Selbstständigkeit. Familie und Unternehmen unter einen Hut zu bekommen, ist nicht einfach. Umso wichtiger ist es, meine Schritte und auch meine Kräfte, bedacht zu planen. Ich möchte darüber schreiben, was mich in diesem Zusammenhang bewegt, was mir hilft und auch, wer mich inspiriert. Denn es gibt viele starke Menschen da draußen, die diesen Weg schon gegangen sind. Lasst uns gemeinsam davon profitieren.
Alle Beiträge der Reihe findet ihr hier.
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