Stadt-Land-Leben als Familie: Sarah verlässt das Zentrum

2. November 2020
familieberlin
Landleben

Ich möchte euch wieder jemanden in meiner kleinen Reihe zum Stadt- und Landleben vorstellen. Diesmal erzählt Sarah von Mamaskind über ihren Umzug aus dem Zentrum Berlins an den Stadtrand. Und auch wenn ich erst dachte: Nun ja, so ländlich ist das ja nicht – weit gefehlt, wenn ich ihre Antworten anschaue. Denn vom Ku’damm an den Stadtrand, das kann mitunter eine Weltreise sein, nicht nur zeitlich. Toll finde ich auch ihre Tipps, die sie Wegziehenden mit auf den Weg gibt, denn man sollte schon einiges bedenken – erst Recht mit Kindern.

Sarah: Vom Ku`damm an den Stadtrand

Wer bist du und wo lebst du?

Ich bin Sarah, Dreifachmama, Marketing-Leiterin und seit 10 Jahren Bloggerin auf  Mamaskind.de. Dazu bin ich gebürtige Brandenburgerin und wohne inzwischen am Berliner Stadtrand in Lichtenrade. Hier läuft die Zeit anders als am Ku’damm: Sehr, sehr langsam.

Wir wohnen in direkter Waldnähe, neben dem Mauerweg, und sind mit einem Katzensprung in Brandenburg.

Ist das eine große Veränderung zu eurem vorherigen Leben? Du wohnst ja immer noch in der Stadt, oder?

Ich komme aus einer Brandenburger Stadt mit 80.000 Einwohnern und zog für bessere Job-Chancen vor einigen Jahren nach Berlin Wilmersdorf an den Ku’damm. Das war eine riesige Veränderung!

Doch der Umzug von der Innenstadt zum Stadtrand hatte es ebenso in sich.
Eine größere wohnliche Veränderung könnte ich mir kaum vorstellen.
Während am Ku’damm ständig Menschen flanieren, shoppen und spazieren, ist es am Stadtrand sehr ruhig.
Selbst Feuerwehrsirenen sind jetzt wieder ein Highlight für die Kinder!

Wir sind noch recht gut an die S-Bahn angebunden. Nach 10 Minuten Gehzeit sind wird an der S-Bahn und weiteren 25 min am Potsdamer Platz.

Der Nachteil am Stadtrand: 
Manchmal fehlt es, einfach in den Zoo laufen zu können oder schnell im nächsten leckeren Restaurant zu sein.
Die Uhren sind auf manchen Ebenen leider stehengeblieben, sodass es teils sehr rustikal statt jung und dynamisch ist.
Wir haben weder ein hippes Café, noch ein Restaurant, das über frittiertes Standardessen hinausgeht.

Das Kino fehlt und die Wege wurden entsprechend länger.
Das muss man alles mit einplanen, was unsere Freizeit auf jeden Fall einschränkt.

Allerdings ist die Veränderung für die Kinder umso besser geworden: Ruhige Straßen, Wege, die sie allein bestreiten können und die Natur um die Ecke. Wir wohnen am Wald, die Jungs fahren Crossbike & BMX. Das geht in der Innenstadt nicht überall.

Wie bist du dazu gekommen, genau dort jetzt zu leben?

Eigentlich wollten wir in unserem Wilmersdorfer Kiez bleiben. Doch allein die Preise für Eigentumswohnungen überschritten unser Budget um das Doppelte. Es ist Wahnsinn, welche Immobilienpreise in Wilmersdorf aufgefahren werden!

Deshalb orientierten wir uns am Stadtrand, suchten in Lichtenrade und Spandau (was manche Ur-Berliner nicht zu Berlin zählen. ;)).
Es war also vor allem der Wunsch nach bezahlbarem Eigentum. Es sollte ein Haus sein – mit kleinem Garten.

Fühlt es sich richtig an bzw. wo würdest du lieber leben?

Für unsere aktuelle Situation mit drei Kindern in der Kita und Grundschule ist es die richtige Entscheidung. Das „Landleben“ entschleunigt ein wenig.
Ich mag das Ruhige hier.

Mein Mann ist da nach nur zwei Jahren anderer Meinung. Das kann noch spannend werden.

Wie beeinflusst dein Lebensort dein/euer Leben?

Aktuell haben wir eher den umgekehrten Freizeitstress: 
Wollen wir etwas „erleben“ müssen wir erstmal eine ganze Weile fahren. 
Das geht oft nur mit dem Auto, weil die Anbindung nur in wenige Richtungen gut ist. Dreimal umsteigen müssen ist keine Seltenheit: das vermeiden wir.

Ansonsten können wir viel mit dem Rad machen. Am Ku’damm hatte ich nicht mal eins, weil mir das zu gefährlich war. Hier fahre ich entspannt Fahrrad und auf dem Mauerweg entlang sogar bis zur Arbeit. Das bringt mir sehr viel Lebensqualität.

Was ist das Tolle an deinem Lebensort?

Die Ruhe, der Wald und die genommene Angst, dass etwas auf der Straße passiert. Klar, passieren kann immer etwas, aber das Verkehrsaufkommen am Waldrand ist eher gering.

Mich stressen auch Menschenmassen, den man in der Stadt nicht entrinnen kann. Hier begegnet man nur wenigen Leuten auf einem Spaziergang. Die meisten Leute kenne ich und manche grüße ich auch schon. Es ist wie im Dorf.

Was vermisst du dort, wo du lebst?

Ich hätte nichts dagegen, wenn ein wenig Infrastruktur hierher kommen würde.
Ein Kino in der Nähe, ein Café mit hochwertigen Lebensmitteln, eben Dinge, die über Döner und Aufbackbrötchen hinausgehen.

Geplant ist bereits der Ausbau der Alten Mälzerei mit einer Brauerei, einem Café, der vergrößerten Bibliothek und einem Experimentarium für Kinder. Das klingt alles herrlich, hätte seit einem halben Jahr geöffnet haben sollen, doch dann kam Corona (und wer weiß was noch alles den Bau aufhielt).

Auch der Bahnhof wird hier in den nächsten Jahren umgestaltet. Ich habe Hoffnung, dass Lichtenrade modern wird.

Ziehst du in Erwägung, mal ganz woanders zu leben?

Ich kann mir durchaus vorstellen, später woanders zu leben. Vielleicht in einer anderen Stadt? Zurück in die alte Heimat? Oder in eine Wohnung weiter drin in in Berlin? Da bin ich noch offen.

Bis es soweit ist, versuche ich, das Leben hier anzunehmen. Das Gras ist immer grüner auf der anderen Seite. ;)
Das lasse ich auf mich zukommen. Zumal wir das Haus nun so schön saniert haben, da steckt Herzblut drin.

Was bedeutet dein Lebensort für deine Familie?

Mein großer Sohn musste die Schule wechseln. Im Gegensatz zur Einschulung bekommt man nicht automatisch einen Platz in der Schule im Einzugsgebiet. Darauf muss man sich einstellen können.

Die kleinen Kinder mussten die Kita wechseln – was lange dauerte, inkl. Pendelzeiten von 1 h pro Fahrt. Es war eine sehr harte Zeit, die sich jetzt aber bezahlt macht. Wir fanden schließlich doch Kitaplätze, was für uns wirklich ein Glücksfall war.

Wir sind angekommen, die Kinder haben Freunde gefunden und auch wir finden hier Kontakte.
Meine Kinder sind froh, dass sie nun eine eigene Schaukel für sich haben und viel machen können. Freiheit!

Hast du einen Tipp/Rat für Familien, die gerade aufs Land/in die Stadt ziehen?

  • Klärt unbedingt die Schul-/ Kitasituation vorab. Das hat uns zwischendurch echt zurückgeworfen, inkl. Schulamtsterminen und vielen, vielen Kitaanrufen. Das ist in Berlin aber generell ein Problem.
  • Für mich war zudem wichtig: Komme ich vom Stadtrand gut in die Stadt? Auch meine Kinder sollen das später allein erledigen können. 

Daher kann ich mir ein Dorfleben für uns nicht vorstellen, wo der Bus nur unregelmäßig oder selten kommt. Die Mischung – der Stadtrand – ist für uns mit drei Kindern toll!

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