Familienleben ohne Müll? Ohne Wenn und Abfall

29. Januar 2018
familieberlin
Familienleben | Lifestyle

Wenn ihr mal einen Moment Zeit habt und ein Café in der Nähe habt: setzt euch bitte ans Fenster, bestellt euch einen Tee oder Kaffee und schaut aus dem Fenster. Beobachtet die Leute und guckt genau hin:

Wie viele Kaffee-To-Go-Becher laufen an euch vorbei? Wie viele sind davon mehrmals verwendbar?
Wie viele Menschen tragen eine Plastiktüte?
Wer hat einen Einweg-Behälter mit Essen aus dem Imbiss in der Hand?
Und wer hat seine Brötchen in der für Bäckerein üblichen Tüte geholt?

Ich machte dieses Experiment kürzlich unbewusst. Ich saß da und es fiel mir auf. Innerhalb von 15 Minuten liefen ca. 30 Einwegkaffeebecher an mir vorbei, 16 Plastiktüten, vier Menschen mit ihrem Mittagessen in Papp- oder Styroporbechern und fünf Menschen trugen ihre Backwaren in Papier nach Hause.

Würde ich mein Leben von 0 auf 100 ändern, könnte ich jetzt schreiben: früher gehörte ich auch zu ihnen. Doch Fakt ist: ich gehöre zu ihnen. Ich schaute neben mich auf den Sitz und schaute auf unser Abendessen in einer Tüte neben mir: Vollkornbrot und Brötchen. Nun könnte man meinen, Papiertüten sind doch nicht so schlimm wie Plastik. Ja, das könnte man meinen. Aber es ist dennoch Müll – der nicht sein muss.

Der Anfang vom Wandel: Informationen

Ich beobachtete weiter: Denn Müll, den ich am Straßenrand und im Park sehe. Die unzähligen Lebensmittel in Plastik und Folien, die auch ohne gut verkauft werden könnten. Die vielen Müllbeutel, die pro Woche unsere Wohnung verlassen und mit denen das Thema eben für viele Menschen erledigt ist. Ist der Müll aus dem Haus, ist er aus dem Sinn – für viele, mich eingeschlossen. Wir trennen unseren Müll, achten weitestgehend auf die korrekte Zuordnung und das Wegbringen von Glas und Pfandflaschen. Eigentlich ein guter Deal, oder? Wir sortieren und die Müllabfuhr und alle dahinter machen den Rest.

Doch irgendwie fühlte es sich für mich nicht richtig an. Ich fing an zu lesen und stieß immer wieder auf das Buch „Ohne Wenn und Abfall“ von Milena Glimbovski*. Die Gründerin von Original Unverpackt lebt Zero-Waste. Ein Trend, wie sie sagt, der keiner sein soll. Zero-Waste sollte selbstverständlich sein, für alle machbar und einfach. Doch mal ehrlich: Gehe ich in den Supermarkt um die Ecke, sehe ich zu 50 Prozent Waste und zu 50 Prozent Lebensmittel. Champignons in festes Plastik gehüllt, nochmals mit Folie umwickelt und mit vielen Etiketten beklebt. Äpfel in Pappschachteln mit Folie gesichert oder gleich in einer riesigen Plastiktüte. Muss das sein?

Zero-Waste: Muss das sein?

Milenas Buch gab mir viele Denkanstöße. Sie erklärte, was sie dazu bewegte, ohne Müll zu leben. Sie beschreibt, was überhaupt mit unserem Müll passiert und das eben nicht alles recycelt, wiederverwertet oder  abgebaut werden kann. Manche Dinge werden einfach gepresst und gelagert – bis jemandem einfällt, was man damit tun kann. „Ohne Wenn und Abfall“ regt aber nicht nur zum Denken an, es regt auch zum Hinschauen, Probieren und Ändern an. Wo kann ich Müll einsparen, welche Alternativen gibt es und wie komme ich zum Beispiel komplett ohne Müll aus?

Ich gebe zu, ich mag den Begriff Zero-Waste nicht. Denn der erinnert mich eben an die Menschen mit ihrem Marmeladenglas, in dem sie den Müll der letzten Jahre gesammelt haben. Wenige Gramm, mehr nicht. Würden wir das tun, würde unsere kleine Tochter wohl bald damit Tabularasa spielen. Zero-Waste stelle ich mir schwer vor, zumindest den Wandel dahin. Zwischen Vollzeit-Job, vielen Terminen, zwei kleinen Kindern und dem alltäglichen Chaos – wie soll ich es da schaffen, keinerlei Müll zu produzieren?

Ich weiß es nicht und habe aktuell das Gefühl, dass ich es nicht schaffen kann. Aber ich möchte es nicht von vornherein ausschließen. Ich möchte es versuchen – Schritt für Schritt. Und wenn ich nur 20, 40 oder sogar 70 Prozent Müll einsparen kann, dann wäre es ein großer Erfolg für uns als Familie. Denn wir produzieren wirklich viel Müll. Die vielen Joghurtbecher, Kinderkekse, Käsepackungen usw. Es sind nur kleine Beispiele in unserer riesigen Mülltonne.

Müll einsparen als Familie: Unsere kleinen Schritte ohne Müll

Ich habe mir viele Anregungen im Buch „Ohne Wenn und Abfall“ geholt. Ich unterteile unsere Schritte in drei Abschnitte: Verzicht, Versuch und Scheitern. So seht ihr, was wir schon machen, was wir wollen und was wir vielleicht nicht geschafft haben. Ihr werdet sicher bei vielem sagen: Aber es ist doch trotzdem noch Müll. Ja, ist es, aber eben viel weniger oder eine etwas minimal bisschen bessere Alternative zu Plastik. Wir gehen kleine Schritte, aber viele. Zero-Waste ist nicht Öko, auf weniger Müll und gute Alternativen zu achten, hat kein alternatives Image mehr.

Seite 2: Darauf verzichten wir, das versuchen wir.

Seite 3: Unser Scheitern: das haben wir verpasst

12 Kommentare

  1. Spannend und super interessant. Ich finde es toll, dass du uns mitnimmst und bin gespannt, ob die Praxis so aussieht, wie du es dir in der Theorie vorstellst.

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  2. Hey,
    Ja das ist ein tolles Thema. Die täglichen Müllberge sind schon grauenhaft. Wir haben versucht unsere Plastiktüten stark zu reduzieren, das istvuns im vergangenen Jahr gut gelungen. Wenn ich keine Tasche dabei habe kaufe ich eine Kiste (die brauchen wir für Wäsche eh immer) oder eine Papiertasche oder Tragetasche. Im Auto haben wir inzwischen immer Tragetaschen liegen.
    Wir backen das Brot selber, aber die Hefe , das Mehl…. kommen in Verpackungen nach Hause die sind beschichtet, ist das nun weniger Müll wie die Brottüte? Das gekaufte Brot schmeckt uns allerdings kaum noch. Beim Obst stört mich die Verpackung sehr, wir bauen manches selber an, aber das haben wir dann nur eine kurze Zeit im sommer. Unsere vesperboxen kommen ohne eingepackte Kleinigkeiten aus und das Müsli/der Joghurt für tagsüber wird frisch abgefüllt.
    Wir gehen denke ich einen Kompriss ein, den wir nach und nach verbessern möchten, deshalb lese ich gerne von den Wegen anderer Familien.
    Lg

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  3. Ein guter, wichtiger Post. Wir haben letztes Jahr angefangen uns ganz bewusst mit Müll/Nachhaltigkeit auseinander zu setzen. In den letzten Monaten bin ich noch konsequenter geworden, was Plastik-Verpackungen angeht. Im Rewe gab es letzte Woche im Bio-Bereich lediglich die Süßkartoffeln unverpackt, alles andere war in Plastik gehüllt, tw. kleinste Mengen. Der totale Irrsin! Wir bekommen bereits seit 3 Jahren unser Obst/Gemüse über die Biokiste, den Rest über den Wochenmarkt. Ansonsten achte ich darauf, gewisse Dinge in Gläsern statt Plastik zu kaufen, z.B. Schlagsahne, passierte Tomaten. Und wir machen sehr viel selbst seit wir einen Thermomix haben: Gemüsebrühe, Aufstriche, Brot backen, Marmeladen. Wenn man Dinge Schritt für Schritt besser/nachhaltiger macht und nach einer gewissen Zeit zurück blickt, merkt man, wie weit man gekommen ist. Das bestärkt mich, auch wenn noch viel zu tun ist.

    LG und weiterhin viel Erfolg.

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  4. Hallo Bella, ich habe das Buch kürzlich auch gelesen und habe much sehr gefreut, als ich es auf deinen Instagram-Bildern gesehen habe. Wir sind auch eine kleine Familie und schaffen es nicht zu 100% aber ich bin stolz auf jeden kleinen Schritt. Wir haben z. b. den Biomüll wieder eingeführt und der Wochenplan für unser Essen war ein großer Helfer. Ich spare mir unter der Woche so Zeit, Entscheidungen und Müll. Die Windeln sind auch unser Punkt des Scheiterns aber ich bin wenigstens auf Ökowindeln umgestiegen. Mir hilft auch das Credo „Jedes Bisschen zählt“ am Ball zu bleiben.

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  5. So ein interessantes und vor allem wichtiges Thema! Mich nervt dieser riesige Berg Plastikmüll schon länger, seitdem ich Mama bin versuche ich diesen so gut es geht zu reduzieren. Der erste Schritt war der Kaffeebecher zum wiederverwenden :) in manchen Cafes gibt es sogar Rabatt wenn man den eigenen Becher dabei hat!
    Ansonsten habe ich jetzt immer einen Stoffbeutel für die Einkäufe dabei, bein Einkauf selbst wird nur loses Obst und Gemüse gekauft. Ist noch nicht viel, aber wir versuchen es in kleinen Schritten :)
    Das Problem mit den Windeln habe ich auch, das werde ich aber auch ehrlich gesagt nicht versuchen zu ändern…

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  6. Das ist das Schöne, wenn man nur in einer Mini-Großstadt lebt: ich sehe kaum Leute mit Coffee2go-Bechern. Das Angebot ist in der Hinsicht doch recht überschaubar.
    Zum Plastikspielzeug: Ich habe beim ersten Kind sehr drauf geachtet. Klötze selber aus Ästen gesägt, geschliffen und geölt. Holzräppelchen, der unglaublich teure Holzlaster mit noch teuererem Zubehör. Holzeisenbahn. Was war? Die Kinder spielten kaum bis verhalten damit. Irgendwann brachte mein Anthroposophen-Patenonkel (!) einen alten LittlePeople-Bus mit. Der könnte nichtmals Geräusche machen, aber war aus Plastik. Das war der Renner bei den Kindern. Seitdem sehe ich, dass ökologisch korrektes, aber unbespieltes Spielzeug auch keine Lösung ist. Ich versuche wenigstens, in hochwertigen Systemen (also Lego) zu bleiben.
    Außerdem bemühe ich mich, so wenig Polyesterklamotten wie möglich zu kaufen. Wird immer schwieriger. Das Zeug ist leider such ein Kunststoff, der in der Natur und im Trinkwasser landet.

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  7. Im Moment bin ich an einer ähnlichen Stelle wie Du. Über das Thema Ausmisten und den Wunsch, nachhaltiger zu leben, bin ich auf Zero Waste gestoßen. Mein erster Kontakt war das Buch von Shia Su. Allerdings ist ihr Leben so gar nicht mit meinem vergleichbar. Als berufstätige Mutter dreier Kinder bleibt selten die Zeit, mehrere Läden anzufahren. Da muss es eben auch schnell mal das sein, was es im Edeka vor Ort gibt. Auch selber machen ist leider oft zu zeitaufwändig.
    Ich freue mich, auch mal etwas zu lesen von jemandem, dem es vielleicht wie mir geht. Sich Schritt für Schritt einem Ideal anzunähern und andere für ein wichtiges Thema zu sensibilisieren, ist, denke ich schon ein großer Erfolg.
    Ich freue mich auf weitere Beiträge von Dir.
    LG Antje

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    • Danke, das freut mich. Ja, es macht einen Unterschied, ob man sich allein verändert oder für eine ganze Familie. Vor allem die Anfänge sind schwer, da hat man vielleicht schon Routinen, wenn man noch keine Familie hat und dann Kinder bekommt. Der Weg ist nicht leicht. LG Bella

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  8. Hi, Danke für diesen Artikel!

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  9. Ich versuche Bio-Minimalismus und less waste zu verbinden. Ich denke, um weniger Müll zu produzieren muss man weniger kaufen und wieder viel selber machen. Upcycling macht doch auch viel Spaß. Automatismen versuche ich aufzustöbern wie z.B. Plastikmülltüten. Wir haben noch Müll, doch sehr wenig Plastikmüll. Ich unterscheide da. Müll kommt in eine Recyclepapiertüte und die wir nur alle 2-3 Wochen voll. Beim Kochverhalten kann man viel steuern. Gemüsebrühe selber machen statt kaufen, Kabapulver nicht kaufen, sondern mit echtem Kakao einen kochen und in den Kühlschrank….. ich koche alles selbst und weiß auch was drin ist. Es klappt sehr gut gibt ein wertigeres Gefühl und ist zudem viel günstiger. Wenn man mal drin ist und im Kopf und in den Gewohnheiten umgestellt ist, kommt einem das Leben davor komisch vor.

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    • Viele kleine Schritte, die am Ende auch Teil des richtigen Wegs sind, wie ich finde!

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