Langsam selbstständig: Lieber langsam als gar nicht

15. Februar 2017
familieberlin
Selbstständigkeit

Kürzlich sprach ich mit jemandem über diese Reihe und meine Pläne. Weniger die Pläne waren es, was meinen gegenüber interessierten, sondern eher der Titel meiner neuen Reihe. Langsam selbstständig. Langsam – damit hatte diese Person ein Problem. Denn sie vermutete dahinter weniger Biss, keinen Willen und eine geringe Motivation. Deswegen schiebe ich meine bisherigen Themenpläne und möchte erklären, warum langsam der bessere Weg für mich ist.

Seit ca. einem Jahr arbeite ich nun schon an meinen Pläne. Neben meinem 80-Prozentjob, der Familie und dem Blog ist das zwar eine lange Zeit, aber die Zeit dafür war knapp. So knapp, dass ich oft weniger schaffte als erwartet. Ich müsste noch einiges mit Dienstleistern klären, vor Ort Dinge besichtigen oder Pläne ändern…ich habe es aber nicht geschafft. Und auch in meinem Mutterschutz bzw nun in meiner Elternzeit schaffe ich weniger als erwartet. Oder anders:

Ich schaffe gerade gar nichts!

Das liegt aber nicht an den Gründen, die mir mein Gesprächspartner vorwarf. Es liegt einfach am Leben. Das Leben als Mama zweier sehr kleiner Kinder, das Leben mit einem nähebedürftigen Baby und das Leben mit einem Mann, der viel unterwegs ist stehen nun mal an oberster Stelle. Wenn ich all die nötigen und dringenden Baustellen meines Lebens und unserer Familie erledigt habe, bin ich ebenso genau das: erledigt. Mein Körper ist durch die vielen endlosen Nächte ohne Schlaf und das viele Stillen in einem anderen Modus. Energie sieht anders aus, leider. Und dennoch ist es für mich kein Grund, meinen Plan aufzugeben, denn die Gründe und meine Motivation bleiben bestehen.

Langsam sein ist kein Makel

Genau deswegen halte ich an meinen Plänen fest. Es dauert nur länger. Denn leider habe ich keine sieben Stunden am Tag, in denen beide Kinder in Betreuung sind und ich am Stück arbeiten kann. Habe ich am Mittag mal zwei Stunden…für alles. Für den Haushalt, die Wäsche, das Blog und mich. Manchmal schlafe ich einfach, denn ich merke, dass mein Körper am Ende ist. Manchmal lese ich Artikel und Blogs und manchmal schaffe ich es nicht mal, zu schreiben oder Emails zu bearbeiten. Denn ist das Baby wieder wach, fordert es mich – ohne Kompromisse. Und das ist ok.

Meine Erkenntnis tat weh

Warum? Weil ich nur diese eine Zeit mit meinem Baby habe. Zu welchem Preis würde ich meinen Plan durchbringen? Doch eh ich diese Gelassenheit hatte, mich mit dem Gedanken angefreundet habe und diese Langsamkeit nicht als Makel ansah, war es lang. Und es tat weh. Denn ich saß abends auf dem Sofa und weinte. Nicht, weil etwas schief lief oder ich einen Fehler gemacht habe. Ich weinte, weil ich gar nichts gemacht hatte. Meine To Do-Liste war endlos lang (und ist es immer noch), aber ich kam zu nichts. Dieser Druck baute sich in mir auf und fühlte sich wie eine schwere Wand an… vor mir, dunkel und dicht. Ich kam nicht weiter. Ich wollte so viel und schaffte nichts. Dieser Satz hallte in meinem Kopf, immer wieder. Irgendwann saß ich mit meinem Mann zusammen und wir merkten: so geht es nicht. Ich schaltete einen Gang zurück. Ja, ich machte sogar einige Zeit nichts, um mich wieder neu zu sortieren und auch zu motivieren. Denn dieser innere Druck war es, der mich ebenso demotivierte.

Auch jetzt schaffe ich gerad nicht viel. Ich schreibe hier auf dem Blog für euch, aber für mein Projekt schaffe ich nichts. Das ist ok, denn der Tag hat nur 24 Stunden und davon sind meine Kinder viele wach. Bisher habe ich kaum Methoden und Ideen gefunden, es schneller zu schaffen. Aber vielleicht bekomme ich die noch. Früher oder auch später.

Wie seht ihr das? Ist der Weg faul oder nötig?

Liebe Grüße
eure (müde) Bella

In der Reihe „Langsam selbstständig“ teile ich meine Erfahrungen über den achtsamen Weg in die Selbstständigkeit. Familie und Unternehmen unter einen Hut zu bekommen, ist nicht einfach. Umso wichtiger ist es, meine Schritte und auch meine Kräfte, bedacht zu planen. Ich möchte darüber schreiben, was mich in diesem Zusammenhang bewegt, was mir hilft und auch, wer mich inspiriert. Denn es gibt viele starke Menschen da draußen, die diesen Weg schon gegangen sind. Lasst uns gemeinsam davon profitieren. 

13 Kommentare

  1. Langsam, viel langsamer, sehr viel langsamer als am Anfang geplant. So studiere ich nun bereits seit 7 Jahren neben 3 Kindern (eines kam innerhalb dieser 7 Jahre – eines benötigt besondere Aufmerksamkeit und Zeit ), zwischendurch einem Hausbau, dem Haushalt, mehreren Dozententätigkeiten, der amtlichen Betreuung meiner Mutter und der Unterstützung des Mannes, der nun langsam die Karriereleiter klettert.
    Am schlimmsten empfinde ich, dass ich selbst akzeptieren muss wenig Zeit aufbringen zu können zum Studieren. Aber nach 7 Jahren aufgeben? Diese endlose Müdigkeit, Gestresstsein und dem Mehr-wollen-aber-nicht können bringen mich gerade ans Ende meiner Kräfte.
    Mache also langsam, aber tue es!

    Antworten
  2. Liebe Bella,
    Mit langsam selbständig sprichst du mir aus dem Herzen. Es ist genauso, wie du beschreibst. Die Zeit ist so knapp, die Kinder und die persönlichen Wünsche fordern beide. Dein Ansatz zeigt deine Klarheit und Entschlossenheit. Ich finde, gerade so einen Weg zu gehen, zeigt deine hohe Motivation, an deiner Idee fest zu halten und sie möglich zu machen, ohne dabei selbst vor die Hunde zu gehen.
    Langsam selbstständig heißt für mich in unserem familiären Kontext, realistisch zu sein und nur so kann es zum Erfolg werden.

    Ich freue mich schon auf weitere Beiträge von Dir, die mich inspirieren!

    Gini

    Antworten
  3. Ich finde Langsamkeit völlig in Ordnung. Ich staune immer wieder über Euch Bloggerinnen, dass ihr überhaupt Zeit fürs Schreiben findet. Ich bin auch grad mit 3-Monatsbaby in Elternzeit. Und in den freien Minuten will ich verschnaufen, lesen, rumtrödeln.
    Auch mir drückt was im Nacken: eigentlich müsste ich mich mit meiner Promotion beschäftigen, aber seitdem 2013 mein erstes Kind geboren wurde, schiebe ich es vor mir her, weil anderes wichtiger, erfüllender ist. Und nun ist das Zweite da…für alles gibt es seine Zeit!

    Antworten
    • Ich nochmal…lese gerade in der aktuellen „Eltern“ einen Artikel mit dem Titel „Macht doch mal langsam!“ Wie passend: Muße ist die Übereinstimmung zwischen mir und dem, worauf es im Leben ankommt. In diesem Sinne einen sonnigen Tag.

      Antworten
  4. Liebe Bella,

    ich kann dich SO gut verstehen!

    Dein – und auch mein – Weg kommt leider viel zu selten vor. In der Gründerszene ist es für Investoren und Banken wichtig, dass die Gründer schnell erfolgreich werden und viel Geld verdienen. Langsam will da Keiner.

    Ich selber gehe trotzdem auch den langsamen Weg, nachdem ich letztes Jahr ab Mai auch einfach NICHTS mehr geschafft habe.

    Allgemein ist langsam in der heutigen Gesellschaft ein Luxus, den sich nur noch wenig Menschen gönnen. Das sollten wir uns aber dringend bewahren.

    Liebe Grüße
    Deine Lela

    Antworten
  5. Hej Bella,
    der Grundgedanke etwas langsam angehen zu lassen, ist gerade in der heutigen Zeit, so wertvoll. Alle hetzen, rennen und überschlagen sich. Kinder sind eine gute, natürliche Bremse, die es gilt ernst und wahrzunehmen. Ich finde ein ruhiger, entschleunigter Lebensalltag hat so viel Qualität. Lass die Wäsche, den Staub, das Geschirr einfach mal links liegen. Klar muss man Geld verdienen und seinen Job machen. Ich denke aber es ist utopisch zu glauben, dass man an allen Fronten perfekt (getimed, gestylted) sein kann. Unter uns das schöne am älter werden ist, dass man hier gelassener wird und einen bestimmte Dinge nicht mehr aufregen.
    Viel Glück für Deinen Weg.

    Antworten
  6. Liebe Bela!

    Ist doch Wurscht, was die anderen sagen, Hauptsache es fühlt sich für dich richtig an! Und langsam ist übrigens kein Synonym für faul! Es kann auch durchdacht und strukturiert bedeuten!
    Mach weiter so – in deinem Tempo!

    Liebste Grüße
    Katja

    Antworten
  7. Ich finde jeder sollte mal etwas Geschwindigkeit aus dem Leben nehmen. Die Welt dreht sich schon schnell genug, wo soll das nur hinführen. Ich finde Deine Lösung sehr gut. Liebe Grüße, Nicole.

    Antworten
  8. Sehr nette Kollegen von mir sagen: „lieber gemacht als perfekt“. Vielleicht kann man genauso gut sagen: „besser langsam, als gar nicht“. Oder “ besser langsam, als kaputt“. Oder „besser langsam, als nie Zeit für die wichtigen Menschen im Leben zu haben“. Oder, oder, oder…
    Es gehört wesentlich mehr Kraft dazu es langsam zu tun und sich ständig zu rechtfertigen, als ohne Betreuungspflichten bzw. das Betreuen wollen, seinen Kram durchzuziehen. Ich habe damals einfach studiert – und hatte Freundinnen, die das berufsbegleitend gemacht haben. Jedesmal, wenn wir uns sahen, dachte ich ‚Hut ab; das wäre mir zu krass‘.
    Also: ich ziehe vor Dir – und allen Mamas, die sich selbständig machen, Arbeiten und Kinder unter einen Hut bringen, etc. den Hut. Und bin stolz auf mich, wenn ich es einigermaßen hinkriege, dass sowohl der Chef zu Hause (Kind) als auch der Chef auf der Arbeit, zufrieden sind.

    Antworten
  9. Ich finde du machsT das genau richtig. Wenn es finanziell möglich ist, sollte die Familie und auch man selbst immer an erster Stelle stehen. Ich wünsche Dir viel Erfolg auf deinem Weg in die Selbststöndigkeit

    Antworten
  10. Liebe Bella, meine Kinder sind mit 4 und 6 ja schon größer, aber ich merke, dass die Kraft bei mir auch nur langsam zurück kommt, dass die Erschöpfung der ersten Jahre immer noch ihren Tribut fordert. Es ist wichtig, dass wir uns diese Langsamkeit auch erlauben, genau wie die eigene Prioritätensetzung, und wenn die Gesellschaft oder wer auch immer anderes vorgibt: sei`s drum. Viel Erfolg für die nächsten kleinen Schritte!
    Viele Grüße, Svenja

    Antworten
  11. Hallo liebe Bella :)
    mir geht es ganz ähnlich und das ganz ohne Kinder. Einfach, weil das Leben so ist wie es ist und weil ich viel zu oft gegen mich und meine Ansprüche ankämpfe, um dann am Ende ausgelaugt dazusitzen und mich zu fragen, wozu das Ganze. Fazit: Mindestens einen Gang zurückschalten und mich darauf zu besinnen, warum ich die Sachen überhaupt machte, die ich „zusätzlich“ mache. Wir sind noch so jung, warum überhaupt dieses Gefühl so vieles so schnell zu wollen?!
    Ich wünsche Dir von Herzen, dass Du bald wieder mehr zur Ruhe kommst und wieder mehr Energie für Deine Projekte und Dich findest.
    Alles Liebe, Saskia

    Antworten
  12. Liebe Bella,
    du machst das ganz genau richtig, finde ich :-)
    Ich bin froh, dass ich auf deinen Artikel gestoßen bin, denn gerade heute hab ich wieder gedacht, dass ich mein Projekt doch aufgeben muss, der „Online-Kram“ ist teilweise sooo anstrengend, zeitraubend und undankbar…aber andererseits macht es auch sooo viel Spaß…
    Ich wünsche dir viel Ruhe, Kraft, Spaß und Erfolg!
    Liebe Grüße
    Natalie

    Antworten

Einen Kommentar abschicken

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Anzeige
Innonature