Ich halte deine Hand, auch wenn ich wütend bin

23. November 2016
familieberlin
Baby | Gedanken | Kleinkind

Der Tag heute war lang. Erkältung, schlecht gelauntes Baby und keine Unterstützung in Sicht. Ich korrigiere: der Tag war nicht lang, er war anstrengend. Das sind aktuell viele Tage, für mich und noch viel mehr für miniberlin.

Erwartungen an die Große

Jeden Abend ab 17 Uhr beginnt die Zeit des Tages, die ich nicht mag. Das Baby ist unleidlich und will getragen werden, das Kind möchte gern Mamas Aufmerksamkeit und ich? Ich stehe dazwischen und weiß nicht mehr weiter. Zwei Hände, zwei Kinder. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Ich versuche, allen gerecht zu werden und scheitere damit meist nicht nur an mir selbst. Ein Kind bleibt auf der Strecke, nicht immer, aber manchmal. Ich gestehe auch: es ist leider oft die Große. Die, von der ich hoffe, dass sie es versteht. Die, der ich unterstelle, dass ich mit ihr reden kann. Ja, genau die, die erst zwei Jahre alt ist. Das vergesse ich manchmal, in diesen Situationen, in denen ich so viel von ihr verlange.

Warte bitte. 
Sei bitte ruhiger.
Spiel bitte leise.
Geh bitte allein ins Bad. 

Die verhasste Zeit des Tages

Ich sage die Dinge und hoffe, ich komme damit durch. Ich wünsche mir, dass es diesen Abend klappt, in der blauen Stunde zwischen 17 und 18 Uhr. In der alle schon etwas Hunger haben, den Tag verarbeiten und vielleicht auch etwas Nähe wollen. Natürlich wollen nicht alle Kinder dasselbe zur gleichen Zeit. Doch selbst wenn es einmal klappt, dann kippt das Konstrukt aus uns drei Mädels vielleicht später. Nicht jetzt, aber gleich, beim Baby ins Bett bringen. Wir sind eingespielt, wir drei. Meine Angst davor, zwei Kinder in zwei Betten zu unterschiedlichen Zeiten zu bringen, ist vorbei. Aber ein Restrisiko bleibt. Diese unberechenbare Variable, das x unter uns. Entweder ist es das Baby, was mir ihre Version des Tages ins Gesicht schreien muss. So lange und so laut, bis sie in meinen Armen langsam ruhiger wird und fest an mich geklammert einschläft. Ich halte ihre kleinen Händchen, auch wenn sie mich anschreit.

Doch heut war das x miniberlin, meine Große, die immer noch ein bisschen klein sein möchte. Und auch darf! Das Baby war dabei, entspannt einzuschlafen. Das ist selten und ich war kurz davor, mich zu entspannen. Mein Fehler. miniberlin „funktionierte“ nicht, sie machte, was in ihrem Kopf gerad wichtig war und weckte damit das Baby. Sie beendete diesen seltenen entspannten Moment und so saß ich wieder da, zwischen zwei weinenden Kindern und war wütend. Wütend auf das Kind, was nicht verstand. Wütend, weil sie einen Fehler gemacht hatte und noch wütender, weil sie sich immer mehr reinsteigerte und einfach nicht hören wollte. Warum? Warum kann sie nicht einfach ruhig bleiben, so wie besprochen? Weil sie erst zwei ist. ZWEI!

Deine Hand ist noch ein bisschen klein

Als beide Kinder sich beruhigt hatten, lag ich zwischen ihnen. Mein Puls, der bis zum Hals hämmerte und wohl am lautesten im Zimmer war, beruhigte sich nur langsam wieder. Immer noch kreisten meine Gedanken darum, dass ich nun wieder von vorne anfange. Das Baby einkuschle, als wäre sie in meinem Bauch. Ganz klein und eng will sie an mir liegen. Und in diese Enge zwischen mir und dem Baby schiebt sich eine Hand. Sie ist noch nicht groß, sie ist noch ein bisschen klein. Sie schiebt sich in meine Hand und hält mich ganz fest. Ich drücke sie sanft und meine Wut ist verflogen. Denn auch wenn sie einen Fehler gemacht hat, so ist sie immer noch klein. Und ich halte ihre Hand – egal was ist!

Haben euch eure Kleinen auch schon mal so in Rage gebracht? In welchen Situationen?

Liebe Grüße
eure Bella

14 Kommentare

  1. Oh ja, die Hand trotzdem immer nehmen und halten!! Das ist so wichtig!!!

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  2. Mein Großer ist ja auch gerade mal zwei Jahre alt und manchmal ertappe ich mich dabei wie ich mir denke „Hast du das nun echt von einem ZWEIJÄHRIGEN erwartet?“
    Ich verstehe absolut was du geschrieben hast und bin ganz bei dir!

    Sonnige Grüße.

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  3. Na klar. Solche Momente hat man immer mal wieder. Aber ich finde, man darf dem Kind auch zeigen, daß man gerade enttäuscht ist. Wenn dabei nicht vergißt diese kleine Hand in seine zu nehmen. Um dem Kind zu zeigen, daß alles gut ist. Egal was passiert.

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  4. Ja, die Situation gibt es auch, wenn man “nur“ein geliebtes kleines Menschlein bemuttert. Sei es, dass man die Frechheit besitzt staubsaugen oder einfach duschen oder auf’s Klo zu wollen Aber der Moment in dem Ruhe einkehrt und sich die kleine warme Hand beim Kuscheln einfach sanft auf meinen Körper legt, der entschädigt für alles und ich versuche mich in den “Terrormomenten“ immer an dieses Gefühl zu erinnern.

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  5. Liebe Bella, beim Lesen hatte ich einen ganz dicken Kloß im Hals. Wir sitzen im selben Boot. Meine Jungs sind ähnlich alt wie deine Kinder. Meist ist mein Mann abends zu Hause und wir können uns dass ins Bettbringen der Kinder einfach teilen. Wobei der Große oft traurig ist, dass nicht Mama ihn ins Bett kuschelt, so wie früher immer. Aber dafür habe ich morgens meine Horrorzeit. Mein Mann verlässt das Haus sehr früh und ich bin dann mit beiden Eumeln alleine. Und dann ist da dieser furchtbare Zeitdruck, pünktlich in der Kita zu sein. Ich tue echt alles mögliche um am Abend vorher den Morgen so gut wie möglich vorzubereiten, aber oft hat der Große andere Wünsche und Bedürfnisse. Spielen, mit dem kleinen Bruder Quatsch machen oder doch noch ein Buch in vollen Zügen anschauen. „Ein bisschen“ ist in seiner Welt nicht vorhanden. Das Schlimmste ist, dass er zur Zeit einfach nichts gesagt bekommen möchte. Er haut mich dann immer. Nicht einfach so, sondern mit voller Absicht und gezielt. Versuche ich ihm dann zu erklären, dass ich das nicht möchte, dass es mir weh tut, dass er damit aufhören soll, wirds nur noch schlimmer und endet oft in einem Wutanfall. Und dass alles mit diesem Zeitdruck im Nacken. Der Kleine muss dann oft zurückstecken, was mir weh tut. Es ist unglaublich Kräfte raubend. Ich frage mich ständig, verlange ich zu viel und ich befürchte ja. Ich muss mir ständig bewusst machen, er ist doch noch nicht mal drei Jahre alt… Warum soll er denn verstehen, warum es wichtig ist rechtzeitig los zu gehen und es keine tolle Idee ist, mit der Zahnbürste das Waschbecken zu putzen oder die Aufkleber jetzt aufzukleben… Oder warum Mama nicht immer von allen Ideen überzeugt ist.
    Nachdem der Große in der Kita angekommen ist, bin ich fix und fertig und meist unglücklich über den Start in den Tag…
    Liebe Grüße Larissa

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    • Liebe Larissa,
      Normalerweise lese ich immer nur still mit, aber hier ist es mir ein dringendes Anliegen zu antworten:
      Halte durch! Es wird alles besser! Irgendwann spielt sich auch euer Morgen ein!
      Alles Liebe
      Daniela

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    • Liebe Larissa,
      Gibt es denn für euch keine Möglichkeit, in die Kita zu kommen, wenn es euch passt? Bei so einem großen Druck würde das doch die Situation für euch alle erleichtern, oder?
      Viele Grüße,
      Die andere Larissa

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  6. Ganz ehrlich, das hat nix mit dem Alter zu tun. Wenn die Geister keinen Bock haben, dann haben sie keinen Bock. Egal ob 2 oder 9 oder 14. Wenn sie Dich auf die Palme bringen wollen und Deine Aufmerksamkeit wollen, dann tun sie verdammt viel dafür diese auch zu bekommen. Und sie wissen genau, womit sie Dich zur Weißglut bringen. Die sind schlauer als Du denkst und kennen Deinen Trickerpunkt. Unterschätze sie niemals.
    Ich mache dann immer folgendes: Bis 10 zählen oder einen Schnaps trinken oder den Raum verlassen oder durchatmen, eben einfach die Situation verlassen und mit gekühltem Kopf zwei Minuten später wieder den Rackern gerecht werden. Ruhig Blut!

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  7. Oh ja, solche Momente gibt es hier immer wieder. Meine Mädchen sind gute 25 Monate auseinander, und manchmal packt mich auch die Wut.
    Die Große fordert ihren Anteil an Aufmerksamkeit und nimmt dafür auch Ärger in Kauf. Das macht mich sauer, und es „enttäuscht“ mich, dass ihr die Exklusiv-Zeit, die ich für sie reserviere, offenbar nicht reicht. In ruhigen Momenten wird mir dann klar, wie oft sie kooperiert und zurücksteckt – und dann tut sie mir wieder leid.
    Dass nun erste Ausflüge in die Autonomiephase hinzu kommen, macht es nicht leichter.
    Ich halte mich mit dem Gedanken (und dem Müttermantra) aufrecht, dass es bestimmt bald besser wird und alles eine Phase ist.
    Dennoch graut es mir vor dem Gedanken, was hier abgeht, wenn die Kleine zahnt und die Große trotzt…

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  8. Danke für Deine Ehrlichkeit :-) meine zwei sind auch knappe zwei Jahre auseinander und viel zu oft erwartet man von der Großen Verständnis. Auch heute noch. Die beiden sind inzwischen 2,5 und 4,5 – auch da muss man sich oft daran erinnern, wie klein sie doch noch sind….
    Lg Liese

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  9. Hätte ich genauso schreiben können…..

    30J. Mädchen (30.06.2014 & 20.04.2016)

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  10. Die Situation kennt wohl jede Mehrfachmama. *drück dich* =)

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  11. Na klar ist es schwer und unserer Großer wird bald vier und versteht Rücksichtnahme auch noch nicht, wenn das Baby müde ist. Wir fühlen mit Dir!
    PS: als ich angefangen habe Blogs zu lesen, dachte ich meist: wow wie die das immer schaffen, so toll mit den Kindern umzugehen… Solche Beiträge wie dieser zeigen, auch Euch Bloggerinnen geht es an manchen Tagen nicht anders als allen anderen auch. Vielen Dank für diesen ehrlichen Beitrag!

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  12. Ich kann diese Situation sehr gut mitfühlen. Mir gehr es oft auch so. Gerade heute nämlich. Ich habe versucht alle vier Kinder Bett bringen. Der Dreijährige war so müde, dass ich ihn zuerst ins Bett gebracht habe. Genau in diesem Moment klingelt es an der Türe.der kleine steht natürlich wieder auf! Dann versuche ich das Baby ins Bett zu bringen, was z.z ewig dauert.mein 5 jährige schleicht sich zu mir ins Bett; meine große ruft 7 mal nach mir. Ich will nicht antworten, da mein Baby gerade dabei ist einzuschlafen. Aber natürlich kommt sie uns rein und Baby ist wieder wach….immer wieder das gleiche. Kaum sind alle im Bett kommt mein Mann nach hause. Ganz begeistert fragt er: „was, sind alle Kinder schon im Bett? “ ( wenn er wüsste, wie viel Zeit und Geduld es mich gebraucht hat….)

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