Die Krux mit dem Namen Berlin

27. Oktober 2015
familieberlin
Gedanken

Ich hatte nie das Gefühl, dass mein Name anders ist. In meiner Kindheit hatte ich nie ein Problem damit, mit Nachnamen Berlin zu heißen. Vor allem, wenn man aus einer Kleinstadt kommt, in der mein Name wirklich auch nur mein Name war. Klar, jeder kannte auch unsere Hauptstadt. Aber wenn ich einfach nur mit „Berlin“ ans Telefon ging, war allen klar, wo sie gelandet sind. Würde ich das heute machen (und ja, ich habe es vor über 10 Jahren in blanker Naivität getan), käme sehr wahrscheinlich die Antwort „Ich weiß, wo ich anrufe, aber mit wem spreche ich?“ Auch diese Sätze habe ich schon gehört. Meine liebsten Mails sind die, in denen ich gleich geduzt werde, weil die Menschen meinen Nachnamen nicht ernst nehmen oder mich einfach mit Frau Bianca anschreiben. Niemand kann so heißen wie die Hauptstadt.

Meine Ansprache am Telefon im Büro habe ich über viele Jahre hinweg perfektioniert. Und doch landen immer wieder Menschen in meiner Telefonleitung, die meinen, Scherzkeks sein zu dürfen.

„Unternehmen ABC, sie sprechen mit Bianca Berlin“
„Ja, ich möchte gern ihre Kollegin für Interne Kommunikation sprechen“
„Ja, am Apparat, sie spreche mit Bianca Berlin“
„Ach Mensch, sie heißen wirklich so? Ich dachte, sie melden sich mit dem Stadtnamen, weil ihr Unternehmen ja in Berlin sitzt. Das ist ja witzig. Und wohnen Sie auch in Berlin?“

Wenn ich zehn Cent für jede Art dieser Gespräche bekommen würde- ich wäre reich. OK, nicht reich reich, aber es würde sicherlich schon für eine teure Handtasche reichen. Oder ein goldenes Schild, welches ich mir umhänge: Ja, ich heiße wirklich so.

Da ich als Kind niemand mit diesem Namen kannte außer meine eigene Familie, war es für mich stets ein Phänomen, dass es auch andere „meiner Art“ gibt. Mittlerweile treffe ich Menschen mit gleichem Nachnamen häufiger- aber nach den Gesprächen mit den Scherzkeksen nach zu urteilen, habe man diesen Namen noch nie gehört. Erst heute saß ich beim Arzt. Nachdem ich aufgerufen wurde, sollte ich mir den Behandlungsstuhl mit einer älteren Dame teilen- ebenfalls Frau Berlin aus (Achtung Dauerwitz für alle anderen) Berlin. Das ist mir nun schon zweimal passiert, in zwei unterschiedlichen Bezirken dieser großen Stadt. Der Name scheint also gar nicht so selten zu sein und doch denken die Menschen, sie hätten einen besonderen Fund gemacht.

Doch da ich schon mein Leben lang so heiße, musste ich mich nie anpassen. Anders mein Mann, der diesen „seltenen“ Namen mit der Hochzeit annahm. Am Anfang musste er sich stark gewöhnen und erzählte mir abends die Sprüche seiner Mitmenschen. Keiner überraschte mich, denn aktuell sage ich: Ich kenne sie alle. Vielleicht sind kleine Unterschiede zwischen „Frau Berlin aus Berlin?“ oder „Ich kannte mal eine Frau Bonn aus Bonn“ zu hören. Aber der Grundtenor bleibt. Mein ehemaliger Chef hatte es auch gern drauf, sich auf der Bühne vor hunderten Menschen für meine Arbeit zu bedanken. Mit den Worten „Frau Berlin aus Berlin, ja sie heißt wirklich so“. Nicht unerwähnt möchte ich auch die nicht wenigen Heiratsanträge machen, die ich schon von Männern und Frauen bekam, nur um so heißen zu können. Oberflächlich vielleicht, aber an schlechten Tagen auch schmeichelhaft.

Irgendwie dürfte ich wohl nie umziehen, weg aus dieser tollen Stadt, dessen Name ich tragen darf, denn dann wäre ja der Zauber verflogen. Oder der Witz für manchen.

Und ein Gutes hat dieser Name ja auch: Ich musste noch nie niemals meinen Nachnahmen buchstabieren. Wo andere umständlich diese deutschen Vornamen zum Alphabet aneinanderreihen- die ich noch nie konnte, sage ich nur kurz und knapp: jenau, wie die Stadt. Funktioniert.

Liebe Grüße
eure Bella Berlin (ja, wie die Stadt)

10 Kommentare

  1. Was ein fast erheiternder Artikel – ich musste so oft schmunzeln.
    Ich war eher die, die buchstabieren musste. Heute auch noch, aber früher war das schlimmer. „Firma XY Jessica Rumpa guten Tag“ – wie bitte heißen sie? Meinte Mutter sagte immer „denken Sie an das Rumpelstilzchen“ – was aber zu Kinderzeiten Spuren hinterließ und so entschied ich mich für, „denken sie an den Tanz Rumba nur mit P“. Heute hab ich es seltener und wenn ich buchstabiere, dann reimt es sich so schön „S c h o n k“ – das klingt schon fast nach. Und ja, ich kann das Buchstabieralphabet – ich musste sie damals sogar auswendig lernen.

    Meine liebe Bella Berlin, ich mag Deinen Namen, ich mag die Stadt in der DU lebst aber viel wichtiger ist doch, ich MAG DICH! Den Menschen hinter all dem!!!

    Lass Dich drücken
    JesSi Ca
    (aus Assel, hört sich das nicht mal bekloppt an?) :D

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    • Jetzt muß ich doch ein bißchen lachen liebe Jessi. Gerade gelesen, wie Du mit Nachnamen heißt und fast vom Stuhl gekippt. Sei froh, daß Du nicht in Norwegen lebst. das gäbe ein dauergelächter am Telefon.
      LG
      Suse

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      • oh wieso weshalb warum? Ist Schonk etwas besonders in Norwegen oder was heißt es lustiges??? Erzähl gerne, ich bin gespannt :D

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  2. Moin. Ich heiße Marcel Schindler. Das prädestiniert die Leute immer zu schmunzeln, wenn sie mir eine „Liste“ andrehen wollen. Das war die ersten 1000 Male sogar noch witzig. Interessanter Blog, werde ich mir auf jedenfall Bookmarken :)

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    • Vielen Dank fürs Kompliment. :) Bei dir ist es ja noch mal eine andere Nummer mit dem Namen. Denn irgendwie ist der Witz mit der Liste auch etwas makaber. Aber da muss man wohl einfach drüber stehen und lächeln. :) LG Bella

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  3. Manche Menschen hören auch nicht richtig zu. Mein Nachname ist total eays. Aber wie ich schon angesprochen wurde, da geht einem die Hutschnur hoch. Dagegen wurde ich früher mit dem Nachnamen „Müller“ immer ausgelacht und meine damalige Hotmailadresse susi.müller bei Hotmail war drei Stunden nach der Eröffnung mit sex-spam zugemüllt.
    Ich finde Deinen Namen wunderschön. Sei stolz drauf :-)
    Liebe Grüße
    Susanne

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  4. Ich finde den namen toll! Aber kann verstehen wenn es einen nervt, dass ständig Leute meinen ach so lustige Kommentare loslassen zu müssen :)

    Und wo du recht hast: buchstabieren wirst du ihn wohl nie müssen :)

    Lieber Gruß,
    Martin
    look-scout.de

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  5. Schön geschrieben. Ich habe eine Freundin, die heißt Otto. Immer wenn ich bei ihr war und sie sich am Telefon mit „Otto“gemeldet hatte, musste ich ganz automatisch gedanklich den Spruch der damals übliche Werbung komplettieren „… find ich gut!“
    Aber ich selbst blieb auch nicht verschont. Immer wieder wird mein Vorname für mein Nachname gehalten. „Ich heiße Wiebke“ „Und mit Vornamen?“
    Und meinen Nachnamen muss ich auch immer erklären. „Ja, Mandel, wie die Nuss zum Essen“
    LG Wiebke

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  6. Mein Mädchenname ist auch Berlin und ich kann deinen Text komplett unterschreiben :-) ab und zu bin ich auch wehmütig und Frage mich, ob ich nicht doch meinen Namen hätte behalten sollen (Jetzt habe ich nämlich einen den ich immer buchstabieren muss). Liebe Grüße, Frau ehemals Berlin aus Berlin :-)

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