Gastbeitrag: Wenn das Böse dir die Wärme nimmt

15. September 2015
familieberlin
Familienleben

Auf meinem Blog haben auch andere Menschen einen Platz. Denn manchmal ist es nicht so einfach, etwas zu schreiben, wenn viele Menschen ein Gesicht zum Schreiberling haben. Deswegen ist folgender Text anonym.

Wenn schon der Weg zur Qual wird

Wenn schon der Weg zur Qual wird

Ein Samstag wie jeder andere Samstag im Jahr. Nur dieser Samstag ist anders, denn wir fahren zu ihr. Bereits vorher bekomme ich Kopfweh und werde übellaunig. Die Anspannung wächst bereits und ich bringe es kaum über mich, in das Auto zu steigen und die Kinder anzuschnallen. Ich will nicht dahin, ich will es nicht. Ich wünsche mir einfach gerade, dass die Kinder jetzt sofort krank werden, dass der Große die Autositze vollkotzt und die Kleine einpullert, aber das passiert ja immer nur dann, wenn man es nicht gebrauchen kann.

Es ist keine lange Fahrt und wir schweigen. Der Ehemann bereitet sich bereits auf unseren Besuch vor. Nach einer viel zu kurzen Fahrt, erreichen wir das Haus. Freudig begrüßt uns mein Schwiegervater am Gartentor und dann sind wir da, im Haus meiner Schwiegereltern! Ich kann die Tage unserer Besuche an einer Hand abzählen in einem Jahr und darum habe ich lange Kämpfe ausfechten müssen. Nur noch an Geburtstagen fahren wir zu ihnen, kein Weihnachten, kein Ostern mehr. Das Haus und die Gegend ist eigentlich ganz nett, unten wohnen die Menschen die meinen wunderbaren Mann geboren und aufgezogen haben, oben wohnt seine jüngere Schwester mit Familie die nicht mal die Gardine zur Seite schiebt, wenn wir zu Besuch kommen.

Ich weiß nicht genau wie ich es dort beschreiben kann, für mich ist einfach nur ein böser Ort. Dabei war ich bis vor einigen Jahren sehr gerne dort. Meine Schwiegereltern haben mir das Gefühl gegeben ein Teil ihrer Familie zu sein, sie machten nette Gesten und nahmen die Kinder jederzeit wenn wir mal ausgehen wollten.  Sie nannte mich weitere Tochter und erzählten mir private Dinge. Ich fühlte mich warm dort, geborgen. Aber vor zwei Jahren gab es einen riesigen Familiencrash. Einen Streit mit dem der mit Angetraute und ich nie gerechnet hätten. Alles Böse an diesen Frauen aus diesem Haus zeigte sich an einem Nachmittag. Aufgrund einer kleinen Lapalie in der Küche, schrie mich meine Schwiegermutter an und nannte mich: Fehlentscheidung, schlechte Mutter und meine Kinder missraten. Meine Schwägerin trat noch rein in die Wunde, sie forderte damals (in meinem Beisein) meinen Mann auf sich scheiden zu lassen von mir, ich bin das Böse, ich sei nicht gut für ihn! Ich bekomme nicht mehr alle Worte zusammen, aber es war schrecklich und irgendwann brach ich weinend zusammen und sackte auf den Boden. Es war wie in einem Psychothriller den man im Kino schaut.

Mein Ehemann kämpfte an diesem Tag wie ein Löwe für mich. Er schrie zurück und zeigte seine Krallen, er hat nichts versäumt an diesem Tag. Er nahm mich in die Arme und packte die Kinder ins Auto, wir vergaßen fast alle Dinge an diesem Tag vor Ort und schickten später Boten vorbei uns die Dinge abzuholen. An diesem Tag ist jedoch etwas sehr Großes in mir zerbrochen. Nicht nur der Ehemann hat an diesem Tag sein geborgenes Elternhaus verloren, auch ich habe mein Wärmegefühl verloren. Es fühlte sich an, als hätte jemand ein Puzzle genommen und es durcheinander geworfen.

Erst durch eine Paartherapie, eine Kur, ein Mediationsgespräch mit meinen Schwiegereltern und Kontaktsperre mit allen Beteiligten konnte ich meinen Rahmen wieder zusammenbauen und ob ich jemals wieder als vollständiges Puzzle existieren werde, weiß ich nicht. Wir haben vorher nie gestritten in unserer Beziehung, nun haben wir ein Thema. Das Thema heißt „seine Familie“. Es ist schrecklich dorthin zu fahren, ihn zerrissen zu sehen. Ich weiß aber, dass unsere Kinder ihre Großeltern lieben und mein Mann seine Eltern liebt. Diese Schritte haben wir damals in der Therapie herausgearbeitet und so lassen wir die Kinder dort wieder übernachten und fahren nur zu Familienfeiern in das Haus. Meistens fährt er allein, aber er kommt dann völlig fertig nach Hause und nennt es „nicht zu ertragen ohne mich“.

Nur mit Vorbereitung und innerer Stärke meinerseits ist das für uns alle zu ertragen. Meiner Schwägerin reiche ich weiterhin nur die Hand, meine Schwiegermutter klopfe ich auf die Schulter. Die Kinder wissen darum und haben verstanden, dass ich höchstens nur kurz, oder mit gebührendem Abstand das Grundstück betrete. Wenn es nicht notwendig ist, dann übergebe ich die Kinder am Bahnhof an meinen Schwiegervater der in all den Jahren immer geschwiegen hat.  Er ist und bleibt mir der Liebste von der ganzen Familie dort. Er muss es aushalten mit diesen bösen Hexen in einem Haus denen ich den Goldjungen gestohlen habe. Denn ich bin das Böse. Es ist schwer, so schwer einen guten Umgang mit ihnen allen zu versuchen. Ich bemühe mich immer wieder nur aufs Neue weil ich weiterhin finde, dass die Kinder ihre Großeltern brauchen und weil ihr Sohn die beste Wahl für mich war und auch er damals ganz klar gezeigt hat, dass ich keine Fehlentscheidung für ihn gewesen bin. Die Frauen der Familie habe ich jedoch damals aus meinem Herzen gestoßen und es wird auch keinen Platz mehr für sie darin geben. Niemals wieder denn ich habe durch lange Therapien erkannt, dass nicht ich sondern sie das Böse sind.

12 Kommentare

  1. Ein schon trauriger Artikel, den ich auf gewisse Weise nachvollziehen kann. Ich bin mal im Urlaub mit den Schwiegereltern aneinander geraten. Wir sind sofort abgefahren..
    LG Isa

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    • Das erfordert schon Konsequenz, sofort aufzubrechen. Ich wüsste nicht, ob ich das könnte- auch für den Mann. Aber ich würde auch erwarten, wie im Artikel, dass mein Mann für mich kämpft.

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  2. Liebe anonyme Schreiberin,
    das könnte auch meine Geschichte sein. Nur, dass meine Schwiegereltern meine direkten Nachbarn waren. Wir haben unser Haus direkt auf dem Nachbargrundstück gebaut. Sie sah von ihrem Küchenfenster direkt auf meinen Hauseingang. Auch ich war die Böse, auch ich habe ihren Goldjungen genommen. Die ersten 10 Jahre unsere Ehe war ein wahrer Spießrutenlauf. Obwohl sie unsere Nachbarn waren, ließ der Kontakt zwischen unseren Kindern und den Großeltern mit der Zeit nach. Die Kinder bekamen alles mit. Meine Schwägerin wohnt in dem Haus mit ihrer Familie. Nun sind beide verstorben. Als mein Schwiegervater starb, der immer versuchte zu vermitteln, tat es mir sehr leid um ihn. Vor einem Jahr ist nun auch die Schwiegermutter verstorben. Noch nach ihrem Tod ist es ihr gelungen, die Familie in heftige Streitigkeiten zu bringen, in dem sie mal einfach ein sehr seltsames Testament verfasst hat, von dem niemand etwas wusste. Tja, so war sie eben.

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  3. Ein mutiger Artikel über ein brisantes Thema … Ich ziehe meinen Hut vor dem Schreiberling, alles in Worte zu fassen und zu zeigen wie es sein kann … Ebenso finde ich es sehr stark, dass die Kinder weiterhin hinfahren dürfen … Die eigenen Bedürfnisse werden hinten angestellt … Am Ende wird alles Gut – dass wünsche ich dem Schreiberling.

    Mit sonnigen Grüßen
    Jana

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  4. Ich konnte die Gefühle der Autorin beim Lesen direkt spüren. Ich wünsche ihr weiterhin viel Kraft bei den Besuchen bei den Schwiegereltern und das ihr toller Mann weiterhin zu ihr steht. Ich finde es toll, dass sie trotz allem den Kindern die Großeltern nicht verwehrt.
    Liebe Grüße, Heike

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  5. Auch ich bin ‚das Böse‘.
    Auch ich ’stahl‘.
    Und meine Verarbeitung hier im Netz wird sehr sorgfältig gelesen. Deswegen anonym mein Kommentar:

    Die Verletzungen, die da zugefügt wurden und werden, sind schwer zu ertragen. Und ich kann nur Kraft und Liebe wünschen. Wann immer möglich, thematisiert die Ängste, die Ursache für die Bösartigkeiten sind. Direkte Fragen nach Ängsten, Offenlegen der eigenen. Das hilft, bei uns zumindest (vielleicht auch bei euch).
    Ansonsten bleibt nur eins zu sagen: I feel you.

    Danke Bella für die Veröffentlichung, danke Anonymous fürs Aufschreiben.

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  6. boah gruselig! aber sehr gut zu lesen, dass es davon noch mehr Schicksale gibt. Ich kenne so viele Konflikte im Bereich Schwiegermutter und Schwägerin! Bin auch betroffen! kaum auszuhalten! da muss man auch nichts beschönigen! Von wegen wird alles gut! Wird alles nebeneinander ist das höchste der Gefühle, das ich mir vorstellen kann.. deshalb: weiterhin viel Kraft! herzliche Grüße Denise

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  7. Kommt mir so unglaublich bekannt vor. Wieso werden Schwiegermütter auf einmal zu Hexen? Ist das Neid, ist da Hass? Warum versuchen sie das Leben eines anderen, auch ihres Goldjungen, zu zerstören?
    Bei uns sind drei Enkelkinder betroffen. Mit der restlichen Familie meines Mannes, habe ich keinen Kontakt. Zu Familienfesten werde ich nicht eingeladen. Zum Glück habe ich Freunde und eine eigene Familie.

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  8. Ich frage mich, ob es überhaupt eine Schwiegermutter gibt, die nicht denkt, dass ihr Sohn etwas Besseres verdient als diese ’nichtsnützliche‘ Frau. Und ich frage mich wie ich selbst später werde ;) Bin auch eine seehr schlechte Frau und Mutter. Gestern bin ich noch ein Tick ’schlechter‘ geworden – habe ja meine Tochter in den WaldKiGa geschickt, na sowas! :D Habe 5 Jahre bei meinen Schwiegereltern gewohnt, war grausam. Das Einzige, was hilft – Humor ;)

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    • Ja, Tory, die gibts. Ich hab 3 wichtige Männer in meinem Leben kennen- und lieben gelernt und hatte jedesmal tolle Schwiegermütter. Ich hoffe sehr, daß ich auch mal eine nette Schwiegermutter werde, wenn mein Sohn die richtige für sich findet.
      Euch kann ich nur viel Durchhaltevermögen wünschen und das Schätzen lernen der guten Zeiten.

      Alles Liebe!

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  9. ich finde den text auch mutig,weil keiner wirklich gerne drüber redet.alles soll ja harmonisch sein und hinter der fassade brodelt es dennoch weiter.in der kindheit hab ich es selbst immer mitbekommen wie die andere partei dann immer über mutter oder vater hergezogen haben war immer ein hit das man das einfach frontal vor mir zum besten gab. während und nach der scheidung wurde ja noch eine schippe draufgelegt und ich bin dann nicht mehr zu meiner oma gegangen,weil es eine einzige hasstirade auf meine mutter war statt sich mal um ihre enkelin zu bemühen.

    ich hab mir geschworen ne sowas möchte ich nicht selbst erleben und erlebe es zumindest partiell wieder. als ich mit meinem freund zusammenkam war noch alles inordnung.man begrüßt die mutter hält ein pläuschen und zieht mit dem freund dann ins zimmer oder geht aus. seitdem wir zusammengezogen sind und ihr jüngster sohn nicht mehr soviel zeit hat sieht die sache leider anders aus.ich hab das gefühl als freundin wäre ich für ihren sohn gut genug gewesen aber als frau an seiner seite hat sie sich doch was anderes vorgestellt.jetzt sind wir insgesamt 10 jahre schon zusammen und ich sehne schon den tag an dem seine mutter wieder in der heimat in kroatien wohnt,weil ich es nicht aushalte. wenn mein freund den tisch verlässt frägt sie mich sachen wo sie sich nie trauen wü+rde zu fragen wenn er mit am tisch sitzen würde,das ich meinen haushalt nicht führen könne,das ich ihrem sohn nichts gescheites kochen würde,das ich mich von ihm aushalten würde und warum ich den nicht einfach gesund sein könne statt mit 28 schon einen behindertengrad von 70% zu haben.das ich in meinem beruf unglücklich war und keine perspektive sah und mich nicht leichtfertig zum studium entschieden hab,das sieht sie nicht.sie sieht es eher so das ich ihren sohn ausnutze und es nicht mal fertig bekomme kinder zu bekommen.

    mein freund liebt seine mutter unternimmt auch gerne was mit ihr und wenn sie zu gast ist und ich einen grund suche nicht dabei zu sein und es doch bislingt,ja dann scheint mein freund wieder in die rolle des kindes zu rutschen statt mit seinen 28 der zu sein der er ist.
    ihm gefällt es nicht das ich so garnix mehr mit seiner mutter anfangen kann seit dem zusammenzug und hab das gefühl wenn seine mutter sagen würde trenn dich von ihr würde er es sich bestimmt nicht widersetzen

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  10. Bei mir ist es der eigene Vater, aber der Kontakt auch ganz abgebrochen, kein Interesse seinerseits an seiner Enkelin. Sehr traurige Geschichte bei Dir. Gut, dass Du für Dich erkannt hast, wo das Böse sitzt und danach handelst. Den Kompromiss für die Kinder und Deinen Mann muss man wohl leider eingehen. Alles Gute!

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