Seit dem 1.7. sind wir nun zu viert. Seitdem steht unser Leben etwas Kopf. Wir finden uns ein in diese neue Situation und schauen, dass alle ihre Plätzchen finden. Ich erhole mich von der Geburt, miniberlin macht erste Erfahrungen als große Schwester und herrberlin schmeißt hier den Laden und muss nebenbei noch mit hormon-heulender Frau und bockig-testendem Kleinkind klar kommen. Ihr seht, wir haben alle Hände voll zu tun. Deswegen war es eine Zeit lang ruhig auf dem Blog. Doch nun fülle ich ihn wieder mit Leben, doch nicht mit meinen eigenen Worten. Ich habe mir viele tolle Gastblogger gesucht. Menschen, die ich gerne lese, gerne mag und euch gern zeigen möchte.
Heute schreibt Jessi vom Blog feiersun für euch. Sie ist mir auch im realen Leben sehr ans Herz gewachsen, da sie durch und durch ein guter und herzlicher Mensch ist. Gerad, wenn ich ihren Text lese, freue ich mich, dass sie so ist wie sie ist. Denn ein gutes Vorbild hatte sie nicht, aber viele Zweifel. Zweifel sind es auch, die mich gerad heimsuchen. Kann ich zweimal eine gute Mutter sein? Wie werde ich meinen Kindern gerecht? Viele Fragen geistern in meinem Kopf umher. Glücklicherweise hatte ich ein gutes Vorbild, meine Mama. Und glücklicherweise brauchte Jessi ihre Mutter nicht, um eine gute Mutter und ein toller Mensch zu sein!
Ich bin nicht wie sie!
Ich bin wie ich bin – manchmal nicht ganz einfach und oft auch recht eigen. Aber ich bin wie ich bin – ich bin ich – Ich bin nicht wie sie.
Sie, das ist die Frau, die mir eigentlich ein Vorbild sein sollte. Meine Verbundene, meine Inspiration und meine Ratgeberin. Die Frau, die ich manchmal so sehr vermisse und manchmal einfach aus meinem Leben verbannen möchte.
Sie – die Frau die nicht mit der gleichen Stärke gesegnet war wie ich es bin. Die Frau, die ich so sehr gebraucht hätte in meinem Leben und die irgendwie nicht dazu in der Lage war. Ich bin nicht wie sie schwach und überfordert, ich bin stark – weil ich gelernt habe stark zu sein. Weil ich keine Wahl hatte. Kämpfe oder geh unter. Das war mein Leben lange. Noch heute kämpfe ich – ich kämpfe viel. Für meine Familie, meinen Alltag. Ich kämpfe für meine Tochter und meinen Pflegesohn. Ich kämpfe für meinen Mann und unsere Firma und ich kämpfe dafür, ich zu sein. Nicht zu werden wie sie.
Und genau das ist manchmal der größte Kampf – nicht zu sein wie sie – nicht so zu werden wie sie und nicht zwischen Wut und Sehnsucht zu zergehen.
Die Frau, das ist meine Mutter.
Meine Freundin hat eine wunderbare Mutter. Eine Mutter, die sie wegen kleinen und großen Dingen anrufen kann. Eine Mutter, auf deren Meinung sie sehr viel wert legt und die ihr ein großes Vorbild ist. Manchmal bin ich neidisch auf dieses Vorbild. Es zeigt mir genau das auf, was ich nicht hatte, nie habe und niemals haben werde. Es zeigt mir auf das es mich schmerzt.
Natürlich hatte ich eine Mutter, sonst wäre ich ja nicht auf der Welt. Aber aus vielen Gründen – auch aus Gründen für die sie nichts kann – hatte ich keine Mutter.
Ich war oft die Mutter meiner Mutter und das weit darüber hinaus wie „die Große zu sein und zu helfen“. Ich weckte meine Brüder, schmierte ihnen die Brote. Schlief bei meiner Mutter, wenn sie Liebeskummer hatte, tröstete sie wenn mit ihren Gefühlen gespielt wurde. Ich stellte mich sogar dazwischen, wenn sie geschlagen wurde und bekam es doppelt und dreifach ab. Ich bettelte darum das sie endlich anfängt Mutter zu werden – aber sie konnte es nicht. Sie war schwach, in ihren Augen klein und einfach überfordert. Ich versuche noch heute Verständnis für sie zu haben. Manchmal werfe ich es ihr vor.
Nachdem ich mit dreizehn Jahren aus dem Nest, welches nie ein Nest war flog, gewann ich Abstand zur Verantwortung, die Mutter meiner Mutter sein zu müssen. Nie ganz, denn erst der Umzug in ein entferntes Bundesland half, sich emotional zu entfernen.
Ich hatte jedoch große Angst zu werden wie sie war.
Als ich dann selber Mutter wurde, waren sie alle wieder da. Alle Gedanken, Gefühle und Ängste. Alle Sprüche wie „Du wirst werden wie Deine Mutter“ oder „Du wirst die Sprüche Deiner eigenen Mutter selber sagen“ – das waren Dinge, die mir Panik machten. So viel Panik, dass ich wütend auf jeden wurde, der dies sagte. Auch wenn niemand wusste, was er damit anrichtet, denn ich geh mit dem Thema ja nicht bei jedem hausieren.
Ich versuchte so krampfhaft nicht wie sie zu werden, dass es mich zerfraß vor Anstrengung. Aber auch das ich selber keine Chance hatte raus zu finden, was ich denn überhaupt für Mutter werde. Ich bin nicht wie sie – krampfhaft – mit aller Macht.
Dieses verkrampfte „Nicht werden wie sie“ trieb mich in den Wahnsinn und erst eine Therapie, in der ich aufarbeiten konnte, wer ich bin und warum ich ich bin und wie wieso ich nicht sie bin konnte mich aus dieser Zwangshaltung herausbringen – fast immer.
Ich bin nicht wie sie!
Eine der wichtigsten Erkenntnisse der letzten Jahre! Ich bin ich – das war ich immer schon. Zu einiges hat das Leben mich gemacht, aber ich hab es in der Hand wer ich sein werde – wer ich bin! Ich Jessica – Mutter, Pflegemutter – Frau – Mensch – einfach ICH!
Auch wenn das Leben uns formt, wenn wie geprägt wurden von dem was wir erlebten und auch durchlebten, wir haben die Entscheidung zu werden, wer wir sind. Ich bin nicht die Summe der Dinge, die in meinem Leben passiert sind. Ich bin ich.
Ich will kein Mitleid, ich bin kein Opfer, denn ich hab die Chance das anders zu machen, was ich mir gewünscht hätte. Warum ich dann diesen Text schreibe? Weil ich allen Müttern da draußen sagen möchte:
Ihr seid toll, wenn Ihr ihr selbst seid!
Ihr seid die Mütter Eurer Kinder und ob Ihr nun ein tolles Vorbild habt, oder genauso werden möchtet, wie ihr es Euch gewünscht hättet das Eure Mutter gewesen sei. Ihr seid der Autor Eurer Geschichte – schreibt sie. Ihr habt die Chance dazu.
In diesem Sinne – Ich bin nicht wie sie, ich habe die Kraft den Kreis zu durchbrechen – wir alle haben die Kraft und die Macht dazu!
Danke für deine Worte meine Liebe!
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Ich mag Deine Reihe an Gastbeiträgen wirklich sehr.<3
Wunderbar! Danke liebe Jessica…starke wahre Worte, die mich sehr berühren!