Zwei Bühnen des Elternsein: Unterschiedliche Erziehung in einem Haus

1. Juni 2016
familieberlin
Kleinkind

Jeden Morgen auf dem Weg zum Kindergarten sehe ich eine Mama mit ihrer Tochter. Die Mama fährt auf dem Rad, die Tochter mit dem Laufrad daneben. Die Kleine ist zögerlich, langsam und wirkt ängstlich. Ihre Mama geht auf diese Art ein, spricht mit hoher Stimme und vielen Kosenamen. Das Ende vom Lied ist (häufig), dass die Mutter ihr Kind hinten aufs Rad nimmt und das Laufrad mehr schlecht als recht unter den Arm klemmt. Gestern habe ich dieses Mädchen wieder gesehen. Auf dem Laufrad schnellen Schrittes mit lauter Stimme und dickem Grinsen. Hinter ihr, ihr Vater auf dem Rad. Er radelte zufrieden hinter seiner Tochter, rief ihr etwas zu, reagierte auf Fragen und hat sie gerad so zum Halten bekommen, als sie sich einer Straße näherten. Es war dasselbe Kind auf dem Laufrad. Einmal zurückhaltend und ruhig, einmal schnell und unerschrocken. Das einzige, was sich noch unterschied, war die Begleitperson und deren Verhalten.

Unterschiedliche Erziehung fängt bei Kleinigkeiten an

Ich möchte damit weder den einen noch den anderen Erziehungsstil (sofern man den aus dieser Situation überhaupt ersehen kann) kritisieren. Aber als ich diese Unterschiede so sah, fragte ich mich, wo wohl bei mir und herrberlin die Unterschiede sind, die anderen vielleicht genauso auffallen? Wir sind beide Eltern von miniberlin, wir wollen beide das Beste für unser Kind. Und doch verhalten wir uns sicherlich  in einer Situation anders als der andere. Es fängt schon bei Kleinigkeiten an. Wenn ich miniberlin  vom Kindergarten abhole, möchte sie etwas zu essen und das entspannt im Wagen genießen. Zwischendrin halten wir sogar an einer Bank an, wenn aus dem Wagen tönt „Mama kuscheln“. Keine Aufregung, keine Aktionen. Holt herrberlin sie ab, möchte seine Tochter am liebsten mit ihm auf den Spielplatz. Kein Essen, kein Ausruhen. Es soll mit Action weitergehen.

Sind Kinder berechnend?

Und so ziehen sich diese Unterschiede durch den Alltag. Ich war mir dessen immer bewusst, zumal wir schon vor der Geburt von miniberlin gehört haben, wie unterschiedlich Vater und Mutter mit dem Kind umgehen. Doch die unterschiedliche Reaktion desselben Kindes in derselben Situation wie eingangs beschrieben war mir neu. Wie verschieden sich ein Kind doch verhält, wenn es mit nur einem Elternteil unterwegs ist. Seitdem horche ich etwas mehr in mich hinein, beobachte uns als Familie etwas genauer. Ja, es fällt mir auf. miniberlin weiß, wie sie mit wem umzugehen hat. Diese kleinen Unterschiede prägen unser Elternsein, sie prägen unser Kind. Auch wenn herrberlin und ich bei manchen (schokoladigen) Dingen nicht immer einer Meinung sind, so finde ich es gut. So lernt mein Kind: jeder Mensch ist anders – in seinem Verhalten, in seinen Entscheidungen. Es wird dadurch nicht berechnend, wie mir schon einmal von anderen vorgeworfen wurde. Hallo? Ich glaube kaum, dass eine Zweijährige in der Lage ist, Menschen gezielt zu hintergehen und dann auch noch mit böser Absicht.

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Manch einer ist nicht nur nachsichtiger, was den Zuckerkonsum angeht. Auch das „alleine probieren“ lässt einer mehr zu als der andere.

Den einen Willen gibt es bei Mama, den anderen bei Papa

Aber ich glaube, dass sie dieses unterschiedliche Verhalten gezielt wahrnimmt und auch danach handelt. Wer würde das nicht tun? Ich bin damals auch erst zu meiner Mama gegangen, wenn ich abends länger raus wollte, mein Papa war eher der, der mir teurere Klamotten kaufte. So ist das und so wird das immer sein. Ob mit 2, 12 oder 20 Jahren.

In welchen Momenten seid ihr euch der Unterschiede zum anderen Elternteil bewusst? Ich habe u.a. Folgende gefunden:

  • Schokolade gibt es bei mir einfacher.
  • herrberlin hat diese eine App mit einem sprechenden Hund auf dem Handy, die sie liebt.
  • Bei mir darf miniberlin…sagen wir…freier essen und experimentieren.
  • Vor dem Schlafengehen wird nur mit mir gekuschelt.
  • Nach dem Kindergarten gibt es von mir immer etwas zu essen.
  • Nach dem Kindergarten geht es mit Papa auf den Spielplatz.
  • Ich gebe schneller nach, wenn es um Nuckel oder auf den Arm nehmen geht.
  • herrberlin nimmt ihr häufiger Dinge ab, wie allein an- oder ausziehen.
  • uvm.

So könnte ich diese Liste ewig fortführen und doch habe ich an all den Unterschieden keinerlei Nachteile gefunden. So isst sie bei mir etwas mehr Schokolade? Und nu? Denn so stark wir uns in bestimmten Verhaltens- und Umgangsweisen unterscheiden, so einig sind wir uns in den Wesentlichsten, die unser Kind tief prägen und langfristig nachhallen. Und ein wesentlicher Punkt ist für uns beide in: die Zähne werden vernünftig geputzt– egal, was vorher gegessen wurde. Na also, so schlimm kann es ja dann nicht sein mit der „Lokolade, Mama bitte“!

Bisher hatten wir wenig starke Differenzen in unserer generellen Erziehung, wie sieht es bei euch aus? Auch „nur“ kleine Dinge oder gibt es auch hartnäckige Auseinandersetzungen?

Liebe Grüße
eure Bella

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