„Pass auf“: über das Ermutigen von Kindern

8. Juni 2016
familieberlin
Kleinkind

Viel zu oft hörte ich Sätze wie „Das wird nichts“, „Fall nicht“ und viele andere. Leider höre ich diese Sätze noch heut. Nicht zu mir, sondern zu meinem oder anderen Kindern.

Du bist zu klein. Du wirst fallen. Nicht so schnell. 

Ich erinnere mich an das Gefühl, welches Entmutigungen in mir zurück ließen– als ich größer war. Doch welches Gefühl wird wohl ein Kleinkind haben, was sich endlich traut, das große Klettergerüst zu erklimmen und dann hört: Dafür bis du zu klein, du fällst. Die Mutigen versuchen es trotzdem. Die Ängstlichen scheitern schon vor dem Versuch.

Doch was wird passieren, wenn es fällt? Und was, wenn nicht?

Ermutigen von Kindern, Fallen, Trösten, Scheitern, Kinder unterstützen, helfen, miniberlin ist schon immer ein ängstlicheres Kind. Sie geht erst auf’s Klettergerüst, nachdem sie bei ihrer Freundin sieht, das es Spaß macht und sie sieht, dass es geht. Sie möchte erst die Füße ins Seewasser stellen, nachdem Opa ihr zeigte, wie toll es ist, im Wasser zu stampfen und zu matschen. Sie ist so, zurückhaltend, weil sie es ist. Nicht, weil wir sie entmutigen. Im Gegenteil.

herrberlin und ich ermutigen unser Kind. Zum Rennen. Zum Schaukeln. Zum Klettern. Ja, auch zum Laut sein, zum Singen und zum Toben. Wir machen mit, halten ihre Hand oder sagen: Halt dich fest. Keine Entmutigung, keine negativen Gedanken. Denn wenn ich meinem Kind sage, es solle aufpassen nicht zu fallen, dann denkt es erst recht daran: ans Fallen.

Kinder brauchen Grenzen, aber ihre eigenen.

Oft höre ich zu uns oder zwischen anderen Eltern im Park, dass man ja nicht wolle, dass sich das Kind wehtut und es so gleich Grenzen bekommt. Ja, es bekommt Grenzen, aber nicht seine eigenen. Es bekommt die Grenzen anderer Menschen. Die, die meinen, dass Kinder sofort fallen oder für vieles zu klein sind. Das mag sein. Aber darf das Kind diese Dinge nicht selbst herausfinden und seine eigenen Grenzen finden? Fallen, Scheitern und wieder aufstehen. Nochmal probieren, die Meinung ändern oder aber die Herangehensweise? Ich will meinem Kind zeigen, dass das wichtig ist. Nicht die Angst vor dem Fall.

Ja, ich weiß, dass miniberlin fallen kann und auch oft wird. Ich erinnere mich selbst daran, dass es weh tut. Ich erinnere mich auch gut an meine kaputten Jeans, blutigen Knie oder schmerzenden Handgelenke. Aber all das ist nicht mehr da, die Schmerzen sind vorüber. Was aber blieb ist die Erinnerung, es versucht zu haben. Vor dem Fall habe ich gelacht, danach habe ich es anders nochmal probiert.

Wichtig ist, dass einen jemand auffängt

Ich kann mein Kind nicht davor beschützen, zu fallen. Ich kann ihr durch übertriebenen Schutz auch nicht das Gefühl geben, niemals zu scheitern. Aber ich kann ihr beibringen: Ich bin für dich da. Ich bin da, wenn es fällt, ich nehme es hoch, ich tröste es. Aber ich sage nicht: Ich hab’s doch gleich gesagt. Weil ich es eben nicht gesagt habe. Denn zu jeder Ermutigung davor gehört auch die Möglichkeit, das Kind danach trösten zu müssen. Und das richtig. Selbst wenn der Fall nicht weh tut, so fällt die Enttäuschung und das eigene Scheitern schon schwer genug. Auch damit muss man umgehen lernen, ob mit zwei Jahren oder mit Zwanzig. Ein „Ist doch nicht so schlimm“ hat noch niemandem geholfen, selbst wenn der Sturz nicht schlimm war. Vielleicht ist es der Schreck? Vielleicht ist es der Gedanke, beim nächsten Mal wieder zu fallen? Irgendwas ist schlimm, wenn das Kind in dem Moment weint. Und dann hilft nur eines: Da zu sein, oft auch ohne Worte. Und gemeinsam zu schauen, was lief falsch, wie schaffe ich es allein die Leiter zum Baumhaus hoch? Oder ist das Kind wirklich noch zu klein dafür? Dann hilft kein Nein, dann hilft ein „Ich helfe dir“.

Einen schönen Text über das Trösten von Kindern findet ihr übrigens im Blog Geborgen wachsen. Ich habe ihn sehr verinnerlicht, denn es ist schlimm, wenn ein Kind sich weh tut, fällt oder traurig ist. Wie soll ein Kind sonst lernen, mit seinen Gefühlen umzugehen, wenn ich nicht zeige wie? Denn ich bringe miniberlin ja auch auf die „dummen Gedanken“, auf einem Balken zu balancieren oder von einer Bank zu springen.

Sind eure Kinder eher die fruchtlosen Entdecker oder brauchen sie, wie miniberlin, oft Zuspruch und jemanden, der mitmacht?

Liebe Grüße
eure Bella

In meinem Text beziehe ich mich nur auf den Fall von der Schaukel, das Stolpern auf Wegen u.ä. Klar bin auch ich der Meinung, dass Kinder auch „fremdgesetzte“ Grenzen brauchen, um sich nicht lebensbedrohlich zu gefährden. Doch darum geht es mir gerad nicht.  

4 Kommentare

  1. Liebe Bella! Wie gut Du die Worte dafür gefunden hast! Ich habe Zwillinge, die bald 2 sind – Einer davon ein wilder Kerl und der andere ein bedachtes Mädchen. Er ist ohnehin kaum zu bremsen, sie braucht öfters Zuspruch: „Du kannst das“, oder „Versuch es nochmals“. Bei unserem Bub muss ich manchmal Grenzen setzen, aber dies vor allem weil die Welt nicht gross und der Himmel nicht hoch genug ist für ihn. Ich versuche jedoch meist ihm den richtigen Umgang zu zeigen anstatt ihm etwas zu verbieten oder ihm alternativ anzubieten, dass wir es zusammen machen. So ist er viel zufriedener, weil seine Neugier befriedigt ist und ich muss weniger in Sorge sein :-)
    Liebe Grüße Alexandra

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    • Das stelle ich mir noch schwerer vor- zwei Kinder mit ganz unterschiedlichem Gemüt und damit Ansprüchen. Bin gespannt, wie es hier wird, wenn babyberlin da ist. Wird sie mutiger oder ruhiger sein? ;) LG Bella

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  2. Hallo Bella! Mein Purzlbär (3) tobt zwar gern so richtig wild, aber beim Klettern hat er sich lang zurück gehalten und war eher ängstlich. Mittlerweile ist das zwar kein Thema mehr, aber man kann ihn trotzdem noch sehr schnell verunsichern. Oma und Opa neigen da leider zu Hysterie und sind auch nicht sehr einsichtig wenn es um das Thema geht.
    Die Lausemaus (1) ist das komplette Gegenteil. Gehen kann sie noch nicht, aber sie versucht schon überall rauf zu klettern und teilweise schon erfolgreich. Deswegen hat sie zum ersten Geburtstag auch ein Sprossen-Dreieck bekommen :-)
    Der Große mag auch erst seit Kurzem wenn man ihn beim Toben über die Schulter wirft oder ihn kopfüber dreht. Die Kleine quietscht vor Vergnügen. Natürlich gab’s bei ihr auch schon mehr blaue Flecken, als in Purzls gesamten 3 Jahren.

    Seit ich mich mit dem Thema intensiver beschäftige, fällt mir erst so richtig auf wie allgegenwärtig die gutgemeinten Warnungen sind. Mir tut’s oft richtig leid, weil gar kein ungezwungene Spiel zustande kommen kann :-(

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  3. Ich kenn das gut, ich erwisch mich auch immer beim aufpassen, nicht ein klemmen, nicht fallen, langsam…. aber auch auf andere Sachen bezogen. Mein Kind ist (bald 2) sehr still und zurückhaltend beim Umgang mit anderen Kinder doch jetzt fängt es an, dass sie sich auch traut zu „meckern“ wenn jemand ihr Spielzeug weg nimmt. Ich bekräftige sie dabei auch, meckern zu dürfen und sich ihr Spielzeug zurück zu holen. Nur verstehen das manch andere Mütter wohl nicht, wenn ich sag, ja genau es ist dein Spielzeug nehme es dir zurück. Sie gucken dann immer ganz geschockt…… dabei lernt es mein kind gerade erst, sich seine Sachen zu behalten. Früher saß sie da und war ganz geschockt, wenn das Spielzeug weg genommen wurde.

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