Mama und Karriere- Pausen müssen sein

4. November 2015
familieberlin
Mamasein

Als ich damals anfing, zu studieren, gab es fast nur noch Bachelor-Studiengänge. Damals, das hört sich so alt an. Ich beginne mittlerweile Sätze mit einem Wort, das ich bei meinen Eltern immer mit einem Augenrollen kommentierte. Doch damals ist mittlerweile fast zehn Jahre her. Als ich jedenfalls mein Studium in einer dieser dubiosen Bachelor-Studiengänge machte, war mir sofort klar: das reicht nicht. Keiner wusste, was dieser Bädschelar ist. Schon bald merkte ich, dass das reine Studium nichts für mich ist. Was mache ich mit diesem Wissen, was mir jemand in einem reinen Monolog beibrachte? Wie sieht das in der Realität aus? Und wofür ist es gut, was bringt es? Keine Ahnung.

Also ab in die Arbeitswelt- nebenbei hatte ich teilweise drei Jobs, die irgendwas mit meinem Studium, irgendwas mit Medien, zu tun hatten. Und das war auch gut so, denn ich lernte viel mehr. Bei einem dieser Jobs blieb ich, wurde angestellt und habe meinen Master gemacht- neben einem Vollzeitjob. Und als ich dann endlich meinen zweiten Abschluss machte, stand ich hochschwanger oben auf der Bühne und nahm mein Abschlusszeugnis und eine Auszeichnung für eine der besten Abschlussarbeiten entgegen. Der Professor hatte zwar Sorge, er müsse gleich Geburtshelfer spielen, aber dem war nicht so.

Jedem Marathon folgt eine Pause

Seitdem habe ich es mit meiner (Fort)Bildung etwas schleifen lassen. Ich habe einen knapp 10 jährigen Bildungsmarathon hinter mir, fast ausschließlich neben dem Beruf. Denn, so bin ich mir sicher: Bildung und Studium allein bringt nichts. Was habe ich von theoretischem Wissen, wenn ich in der echten Welt damit nichts anfangen kann? Doch genauso frage ich mich jetzt: Was habe ich von theoretischem Wissen, wenn ich in der echten Welt keine Muße habe, es zu übertragen und zu verwenden? Denn so ist es aktuell mit einem Kleinkind. Meine Tochter fordert viel Aufmerksamkeit, die ich ihr geben möchte und auch geben kann. Denn ich habe in den vergangenen Jahren so viel Zeit und auch Geld in meine Karriere investiert, dass ich auch ruhig mal pausieren kann.

Pausieren- nicht aufhören. Denn ich weiß, dass ich mich weiter entwickeln möchte. Nur nicht permanent und um jeden Preis. Ich persönlich glaube nicht an die Karriereleiter, denn auf einer Leiter hat immer nur ein Mensch Platz. Aber eine Treppe, ähnlich wie diese großen Stufen vor Museen und öffentlichen Plätzen auf der sich viele Menschen tummeln, hat noch viel Potential. Ob nach oben oder zur Seite, ich möchte nicht auf einer Stelle bleiben. Doch gerad genieße ich meinen Platz auf der Treppe, von der ich alles sehen kann. Ich genieße es, mein Kind zu beobachten und mit ihm hin- und her zu jagen. Kurz inne zu halten und die anderen zu beobachten, zu schauen, was ich für Möglichkeiten habe.

Karriere ist keine Leiter

Ich glaube, die heutige Gesellschaft vermittelt vielen einen großen Trugschluss. Es beginnt bei den Eltern und überträgt sich irgendwann (leider) auf die Kinder. Dieser Trugschluss lautet: bleibe immer in Bewegung, geh vorwärts, schneller und weiter. Etwas Stillstand ab und an- für eine gewisse Zeit- schadet niemandem. Denn es gibt Phasen im Leben, die sind prädestiniert für einen Marathon in Bildung und Karriere. Doch dieser folgt meist eine Phase der Ruhe, der Findung und vor allem- der Familie. Gerade jetzt, wo miniberlin noch klein ist möchte ich das nicht nebenbei erleben. Sie fordert mich, sie will mich bei sich haben. Und machen wir uns nichts vor: Wenn sie älter ist, wird sich das ändern. Wenn sie ihre Schritte macht, mal zu einem Sprint ansetzt oder sogar Berge besteigt. Dann habe ich wieder Zeit, meine Laufschuh zu schnüren und die Treppe zu erobern. Vielleicht nicht mehr so schnell wie damals vor 10 Jahren, aber bedachter, immer mit einem Auge auf mein Kind und vielleicht mit einem klareren Ziel vor mir.

6 Kommentare

  1. Das wird so sein. Zwischendurch könnten wir unsere Weltherrschaftspläne noch etwas ausbauen. Pinky and Brain.

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  2. Sehr schön geschrieben. Respekt für dein Durchhaltevermögen. Ich habe mein Kind im Master bekommen (den ich gerade fertig mache) und sehe es ähnlich wie Du. Es ist nicht schlecht, zwischendurch mal Pause zu machen, durchzuatmen und sich bewusst zu werden, wie der nächste Schritt aussehen soll.
    LG Farina

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    • Respekt. Ich hatte erst überlegt, mit Kind zu promovieren. Aber ich bin mir sicher, eines bleibt auf der Strecke und das wäre nicht das Kind. Vielleicht kommt der Schub ja noch und ich fange damit an. Aber das neben dem Job ist nicht einfach.

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  3. Du hast Recht und ich finde es gut, dass du es so machst.
    Für mich ist Karriere sowieso nichts aber wer das will der kann es auch mit einer Pause dazwischen.
    Herzlichen Glückwunsch zum Master während der Scheangerschaft und Arbeit, das macht man eben nicht einfach mal so.
    Liebe Grüße
    Dani

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  4. Hach ja! Genau so und nicht anders. Alles nur, solange es Spass macht und Freiraum für Kind und Kegel lässt. Alles andere zieht einen Teufelskreis nach sich, an dem Mama, Kind und Familie irgendwann kranken.
    Du machst das genau richtig.
    Liebe Grüße!
    Nina

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