Entschuldigen Sie, unsere Familienplanung geht Sie nix an!

22. September 2015
familieberlin
Baby | Familienleben
Kennt ihr sie, diese Fragen nach dem ersten oder zweiten Kind? Ständig höre ich sie, von Bekannten, Familienmitgliedern und auch Fremden wie die Verkäuferin im Supermarkt oder einem Kellner. Es nervt mich nur. Stellt euch vor, es würde mich verletzen, weil mir bestimmte Sachen widerfahren sind. Bisher ist es das nicht, aber trotzdem ist mir diese Frage zu nah. 

Eine Frage begleitet mich seit der Hochzeit von herrnberlin: „Und, wann kommt ein Kind?“ In den Köpfen der Menschen scheint es Gesetz zu sein, das Menschen, die lange zusammen sind oder sich sogar trauen, zu heiraten, Kinder bekommen MÜSSEN. Nun haben wir uns zwischen Hochzeit und erstem Kind drei Jahre Zeit gelassen. Ein Skandal. Demnach häufte sich diese Frage. Sie hatte unterschiedliche Facetten, kleine Nuancen und war oft mit einem Augenzwinkern der Fragenden verbunden. Trotzdem war sie da und ich fand sie zu persönlich.

Sozialkompetenz ist nicht selbstverständlich

Als meine Schwangerschaft dann sicher war, konnten wir antworten: Im Februar 2014. Viele verstanden es erst nicht, bis sie (meist mit Fingern) rechneten und merkten: Mensch, die muss ja schon schwanger sein. Glückwunsch, bis zur 3. Klasse waren Sie definitiv aufmerksam in Mathe. Nur Sozialkompetenzen haben viele Menschen leider nicht mitbekommen. Denn ich dachte, jetzt hat sich diese Frage erledigt. Aber nein, es wurde schlimmer. Während die Frage nach dem ersten Kind vielleicht noch etwas nachvollziehbar war, ist es die nach dem zweiten Kind definitiv nicht. Denn diese Frage kommt nicht nur in den unpassendsten Momenten, wie direkt nach der Geburt (!!!), sie kommt auch von den seltsamsten Menschen, die mich mit Kind sehen. Die Kassiererin im Supermarkt zum Beispiel. Oder der Kellner im Restaurant. Nicht zu vergessen der Bekannte meiner Eltern, der auf uns einredet, wir MÜSSEN bald das zweite Kind ansetzen oder die Verwandten, die gern und oft fragen.

Was, wenn die Frage mich zutiefst verletzt?

Zunächst einmal: wir MÜSSEN gar nicht. Und wenn doch, dann MÜSSEN wir niemanden daran teilhaben lassen. Denn mal ehrlich: woher wollen Sie denn wissen, ob wir es nicht schon seit Monaten versuchen und innerlich am Boden zerstört sind? Dass wir mittlerweile Temperatur und Fruchtbarkeit täglich kontrollieren und nach strengem Plan verkehren. Meinen Sie, mit dieser Frage geht es mir besser? Vielleicht wollen wir auch einen größeren Altersabstand. Oder ich gestehe Ihnen unter Tränen meine Gefühle zur Unfruchtbarkeit von mir oder gar dem Mann? Stellen Sie sich vor, vielleicht möchten wir kein zweites Kind und nutzen alle Verhütungsmittel auf dem freiverkäuflichen Markt. Auch das möchte ich mit der Fleischereifachverkäuferin im Supermarkt nicht diskutieren, nur weil sie meint, miniberlin braucht ein Geschwisterchen. Noch schlimmer wäre es doch, wenn ich schon drei Kinder verloren hätte und mit diesem Verlust zu kämpfen habe. Wollen Sie mich zwischen Hauptgang und Dessertbestellung auffangen, wenn ich zusammenbreche dank Ihrer Frage? Vielleicht hat unser Kind auch schon Geschwister, die ich nur gerad nicht dabei habe? Die Möglichkeiten sind vielfältig, die Frage ist es nicht.

Ich frage auch niemand Fremden nach seinen Eheproblemen, nur weil seine Mundwinkel mal etwas runterhängen. Oder warum seine Friseurin krank ist, nur weil mir die Haare nicht gefallen. Warum hat ihre Hose ein Loch, haben Sie etwa kein Geld für neue Kleidung? Nur weil ich ein Kind dabei habe, dürfen Sie noch lange nicht danach fragen, wann denn das Zweite kommt.

Neugier ist nicht zu unterschätzen

Woher nehmen sich Menschen das Recht, uns danach zu fragen? Klar ist es interessant, zu schauen, wie sich junge Familien entwickeln und was sie heutzutage wollen. Aber dann schauen Sie doch bitte auf Ihre eigene. Sie haben keine Familie? Oh, wie blöd. Warum denn nicht? Unfruchtbar, Fehlgeburt oder einfach soziale Inkompetenz? Möglich ist alles, aber es geht mich nichts an. Ich selbst frage das niemanden, obwohl es mich vielleicht auch interessiert. Klar möchte ich wissen, ob der Paul, die Lena oder klein Ben bald oder auch irgendwann mal ein Geschwisterchen bekommen. Es interessiert mich auch brennend, ob mein Cousin irgendwann mal eine Familie gründen wird. Trotzdem frage ich nicht danach. Warum? Weil es mich nichts angeht, denn ich möchte keine Gefühls- oder Wutausbrüche auslösen. Die Antwort, die ich mir persönlich gebe, wenn ich darüber nachdenke, ist auch zufriedenstellend: ich werde es schon mitbekommen. Das reicht doch, wenn ich irgendwann den Babybauch der Frau sehe oder mir der baldige stolze Bruder vom Baby in Mamas Bauch erzählt. Und wenn gar nichts weiter passiert in der Familienplanung? Auch ok.

Ich rede offen über unsere Familienplanung- mit Menschen, die ich mag und gut kenne. Und leider gehört dazu niemand der Fragenden. Denn die Menschen, die mir nahe stehen, kennen die Antwort, die irgendwo dazwischen liegt und eigentlich auch nichts zur Sache tut. Denn wie ich schon eingangs sagte: es geht Sie nix an.

Liebe Grüße
eure Bella

19 Kommentare

  1. Punkt. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen.
    Und liebe Grüße an Dich!

    Antworten
  2. Danke für diesem Artikel!

    Antworten
  3. Es ist heutzutage zu einer Standartfloskel geworden, oder? Kaum war Kind 1 auf der Welt, ging die Fragerei direkt in KInd 2 über. Vor den Kindern war es das Heiraten…hachja…

    Antworten
    • Es wird wohl nie aufhören. Irgendwann wird nach einem Hund gefragt, einem Haus oder oder oder ;)

      Antworten
  4. Ich habe ja bereits auf Twitter geschrieben, dass uns ständig nahegelegt wird, doch endlich mal mit dem zweiten Kind anzufangen. Mein Sohn wurde im August ein Jahr alt…
    „ICH war ja da schon wieder schwanger!“
    „Wie groß soll der Altersunterschied denn noch werden?“
    Zum Kotzen!
    Mein Mann und ich haben schon lange festgelegt, was wir -FüR UNS- für richtig halten. Vielleicht wird das aber nicht klappen?! Wer weiß. Durch ewiges nachfragen, wird es jedenfalls nicht schneller gehen.

    Sonnige Grüße,
    Shy

    Antworten
    • Genau, die Entscheidung liegt bei euch beiden allein. Sonst könnte man das ja wirklich öffentlich diskutieren. ;)

      Antworten
  5. Meine Schwester hat im letzten Mai geheiratet. Sehr schnell, denn sie hatten sich erst ein Jahr zuvor kennengelernt. Schon als die Beiden das bekannt gegeben haben kamen die Fragen nach einem Kind. Viele dachten wohl, die heirsten und das so schnell, da muss doch was faul sein oder so. Meine Schwester wird ständig danach gefragt und dabei ist sie erst 25.
    Wir haben ja sehr früh Kinder bekommen. Ich war mit 22 schwanger, mitten im Studium. MIt 25 kam dann Kind zwei. Seit meiner ersten Schwangerschaft werde ich ständig gefragt, wann wir denn heiraten werden. Ich versteh das nicht. Wieso kann nicht jeder für sich sein Leben leben, wie es ihm gefällt? Wieso wird man ständig mit Fragen durchlöchert, wenn Hochzeit-Kinder-was auch immer nicht nach dem typischen Schema ablaufen?

    Antworten
  6. Ich kenne diese Frage leider zu gut. Unsere Zwillinge kamen erst nach weit über 10 Jahren Beziehung, nach fast 5 Jahren Ehe. Man hatte schon aufgehört zu fragen, um dann direkt die Familienplanung als abgeschlossen zu bezeichnen. Wir haben halt direkt das Junge/Mädchen-Soll erfüllt und hatten damit zufrieden zu sein.

    Die Menschen sind distanzlos und wundern sich dann noch, wenn ich mich nicht freue, auf die Zwillinge angesprochen zu werden. Tja… meist folgt dann halt auch ganz schnell eine echt freche Frage.

    http://chaoshoch2.com/2014/11/18/zwillinge-was-soll-man-dazu-sagen/

    Antworten
  7. Ohja, das kommt mir auch bekannt vor. Du hast es sehr schön auf den Punkt gebracht! Die meisten denken wahrscheinlich einfach nicht weit genug…

    Antworten
  8. Oh ja eine meiner Lieblings fragen!
    Ich hab Zwillinge, zwei Mädchen.
    Da kriegt man dann zu hören, schade das es nicht Mädchen und junge wurde oder so habt ihr es auf einem Schlag geschafft.
    Vielleicht freue ich mich, dass ich zwei Mädchen habe und vielleicht will ich trotzdem noch mehr Kinder???!!
    Wer weiß?????!!

    Antworten
  9. Ha, Du bringst es auf den Punkt, liebe Bella!
    Diese Fragerei ist sowas von unangebracht…. Wir können keine Kinder kriegen. Mittlerweile sage ich es den Leuten direkt ins Gesicht wenn sie mal wieder fragen: „Na, bist Du nicht langsam zu alt? Wann wollt ihr denn ENDLICH mal Kinder in die Welt setzen?“ Und dann versinken sie im Erdboden und wissen nicht, was sie auf meine „Wir können keine Kinder kriegen“-Antwort sagen sollen. Peinlich berührt stammeln sie dann vor sich hin…

    Aber so sind die Menschen. Ich kann die Neugier gut nachvollziehen. Seid doch aber bitte etwas sensibler mit dem Thema!!

    Die Eni

    Antworten
  10. Hihi ich las den Artikel gerade nochmal in der Türkei und gestern sagte ein Seemann zu morganisieren mir als er so tat als wolle er das blonde Mottchen „klauen“ „Du noch jung kannst bekommen noch 5 Babys. Hast Mann los macht Geschwister“ als ich ihm sagte das der Mann nicht will tat er so als wolle er ihn über Bord werfen….Vielleicht auch mal ne Möglichkeit damit um zu gehen. Wer blöd fragt wird einfach weggeworfen

    Antworten
  11. Kenne ich auch zu genüge. Zum Kotzen. Erst nach 7 Jahren Beziehung geheiratet, nach 2 weiteren Jahren erst Kind 1 bekommen und dann auch noch 4 Jahre bis zu Kind 2 warten. Frechheit! Die 4 Jahre Altersunterschied waren allerdings ungewollt, und da empfindet man die Fragerei nach einem 2. Kind nicht nur unverschämt sondern auch verletzend.
    Wir halten es auch so wie du… Personen die uns nahe sind, wissen sowieso um die Umstände, die anderen geht es nichts an. Genuso andersrum… wenn es mich was angeht, werden es mir diejenigen von sich aus erzählen, fragen tue ich nicht. Basta!

    Antworten
  12. wow. danke. ich habe das gerade gefragt.. den papa aus der kita meines kindes und die bekannte die gerade ihr kleines baby umherfährt. beide haben dazu auch was gesagt und ja, eigentlich geht mich das nix an und eigentlich sollte ich das wissen, wenn es eben soweit ist und kommt diese frage nur aus langeweile heraus?

    danke auf jeden fall für den artikel. es hilft mir zu verstehen, wie es manch einer person ergehen mag und wie ich mich eben auch noch sozialkompetenter im leben bewegen kann.

    lg

    Antworten
  13. Ganz ehrlich: die Fragerei wird noch viel schlimmer, wenn Du über den Standard (zwei Kinder, Junge + Mädchen, in unserem Fall Zwillinge) hinausgehst. Nummer drei galt schon als Verhütungsunfall. („Das war aber nicht geplant, oder?“) Und angesehen wird man … Demnächst kommt Nummer vier. 20 Monate Altersabstand. Erwünscht und erwartet. Danach redet wohl niemand mehr mit uns.

    Antworten
  14. Oooh ja… ich hab mich damals auch schon tierisch aufgeregt über eben dieses Thema. Egal was du machst, in den AUgen der Anderen ist alles falsch… Bist du schon wieder schwanger, ist es zu früh, bist du es noch nicht, wirds zu spät und dein Erstgeborenes somit sowieso ein A-lochKind… Unfassbar wer sich dieses Hinterfragen alles anmaßt..
    Liebe Grüße,
    Sandy

    Antworten
  15. Hach, du sprichst mir aus der Seele! Wir haben zwei Kinder im Alter von 7 Jahren und 4 Monaten und wurden in den letzten Jahren auch ständig gefragt, wann denn Kind Nr. 2 kommt. Da wir das mit niemandem besprechen wollten und ich mich diesem sozialen Druck nicht aussetzen wollte, haben wir gesagt, dass wir nur ein Kind wollen – auch da wurde man schief angeschaut… Wir wollten das einfach mit uns ausmachen und haben bewusst einen größeren Abstand zwischen den Kindern gewählt. Das darf ja wohl jeder für sich entscheiden! Als ich dann jedenfalls wieder schwanger war, konnten einige es nicht verstehen wieso wir uns nun doch noch für ein zweites Kind entschieden haben und man wurde wieder komisch angemacht…

    Antworten
  16. Achja, das kenne ich. Nach der Hochzeit (von der die Familien und gesamte Verwandtschaft erst nach dem Akt erfahren haben), fragte die gesamte Sippschaft mich (und so gut wie nie meinen Mann) wann denn nun das erste Kind kommt. Die Antwort war immer die gleiche: nie, wenn alles nach Plan läuft. Was die Fragen im Übrigen nicht gestoppt hat, sondern nur zu „ach, das überlegst du(!) dir sicher noch“ führte. Es ist anscheinend auch nie so dass der Mann der in die Entscheidung pro/contra Kind einbezogen wird *grmpf*
    Nachdem dann ca. 2 Jahre Ehe vergangen war und keinerlei Kinder auftauchten, ließen die Fragen nach. Jetzt nach 6 Jahren Ehe kommt die Frage tatsächlich fast nicht mehr. Zumindest in der Verwandtschaft. Bei Bekannten ist das noch anders, die sieht man nicht so oft.
    Bei fremden Menschen passiert mir die Fragerei übrigens sehr selten, was ich darauf zurückführe, dass ich äußerlich nicht als verheiratet erscheine, wir haben nämlich keine Ringe. Und augenscheinlich unverheiratete Frauen „müssen“ offensichtlich keine Kinder kriegen. Meinen verheirateten Freundinnen mit Ring am Finger und ohne Kind passiert die Fragerei nämlich sehr wohl öfters.

    Ich fürchte aber auch dass die Fragerei nie aufhören wird, egal ob mensch Kinder will oder nicht, schon welche hat oder nicht oder welche kriegen kann oder nicht. Allerdings bin ich mittlerweile auch so weit eher etwas pampig zu antworten. Man muss ja nicht jede Grenzüberschreitung immer höflich hinnehmen.

    Antworten

Trackbacks/Pingbacks

  1. Bleibt. Cool. Mamis. - […] (Retourkutsche. Klassische. Übrigens: Gruß an Bella.) […]
  2. Pipi. Kaka.: Jetzt geh doch mal aufs Klo! | Ich lebe! Jetzt! - […] Ich bin der Meinung Sauberkeitserziehung ist kein Thema, das ich mit anderen Menschen (vor allem denjenigen, die mir nicht…

Einen Kommentar abschicken

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Anzeige
Innonature