Elterntattoos: Tiffy.Fee und ihre Uroma

16. September 2015
familieberlin
Elterntattoo

Als ich diese Reihe startete, war ich mir nicht bewusst, was ich dadurch mit mir mache. Denn mittlerweile habe ich so viele Gedankenanstöße, dass ich meine Idee schon mehrmals hinterfragt habe. Der Beitrag heute von Stephanie alias Tiffy.Fee trifft mich mitten ins Herz. Stephanie hat ihre Uroma verewigt, das finde ich toll. Denn auch meine Oma war und ist mir einer der wichtigsten Menschen.

Wie viele Tattoos hast du?

Momentan sind es vier Tattoos.
Ein Tribal mit einem Auge am Steißbein. (Ach nee, wirklich?) :-)
Das Bild meiner Uroma am linken Innenarm.
Ein Amy Winehouse Tattoo auf dem linken Oberschenkel.
Einen Auszug aus einem Liedtext auf beiden Waden.

Wann hast du dein erstes Tattoo machen lassen und warum?

Mein erstes Tattoo lies ich mir mit 18 stechen.
Der Klassiker, oder? :-) 
Mein damaliger Freund schenkte mir einen Gutschein fürs örtliche Tattoo-Studio.
Der Grund ist wahrscheinlich der dümmste der Welt: Ich wusste, ich darf jetzt. Leider habe ich mir damals über das Motiv keine großen Gedanken gemacht und es war durchaus üblich, dass Tätowierer einfach etwas nach Vorlage stachen. Zumindest ist das „Geweih“ einen Müh individuell, indem seine Mitte ein gezeichnetes Auge schmückt.
Heute ist das anders, finde ich. Da gibt es einfach richtige Künstler mit eigenem Stil und vielen Ausdrucksmöglichkeiten.
Was sagen deine Eltern dazu?



Mein Papa nimmt es kopfschüttlend hin und sagt nicht viel dazu. Meine Mama ist sehr interessiert und findet alle Ideen – bis auf das erste Tattoo- großartig. Ich glaube insgheim hätte sie auch gern eines. ;-)

Hast du Tattoos mit Bezug zu deiner Familie?

Ja! 
Mein zweites Tattoo, welches Anfang des Jahres gestochen wurde, und nach 12 Jahren Pause zum ersten entstand, hat einen ganz klaren Familienbezug.
Auch das dritte und vierte ist, bezugnehmend auf die Geschehnisse der letzten Monate, ganz klar mit Familienbezug zu betrachten.

Welches Motiv hast du gewählt?

Mein zweites Motiv zeigt meine liebe Uroma Ende der 1930er Jahre im Badeanzug, nassen Haaren, auf einen Fahrradlenker gestützt. Das ganze im Neotraditional-Stil.

Welche Bedeutung hat es?

Meine Uroma ist vor 6 Jahren, mit fast 89 Jahren, verstorben. Ich habe viele Fotos von ihr und meinem Opa wiedergefunden, die beide kurz vor Kriegsbeginn zeigen. Auf diesen Bildern sind sie unbeschwert, lachen und genießen den Moment am See und in der freien Natur. Solange ich zurückdenken kann erzählte sie mir, dass sie nie Fahrrad fahren oder schwimmen durfte. Es wurde ihr verwehrt. Ich weiß, dass sie das, je älter sie wurde, sehr schade fand. In den letzten Stunden ihres Lebens sagte sie mir „ Mädchen, bitte lass Dir nichts verbieten! Nicht das Radfahren und Schwimmen! “ Ich war 24 und konnte beides bereits seit Kindertagen.
Ich wusste, dass sie weitaus mehr damit sagen wollte, als es die Worte hergaben.
Also ging ich zu meinem Tätowierer, Toni Zander, und erzählte ihm diese Geschichte mit dem Wunsch ein Motiv haben zu wollen, auf dem sie schwimmen und radfahren kann, für immer, an meiner linken Innenarmseite und nahe an meinem Herzen. Deswegen der Fahrradlenker und der violette Badeanzug.

Bildrechte Stephanie Födisch / TIFFY.FEE

Bildrechte Stephanie Födisch / TIFFY.FEE

Warum ein Tattoo und nicht ein Schmuckstück oder so?

Ich bin nicht der Schmucktyp. Es nervt mich nach gefühlten zwei Minuten. Wenn ich zu Feierlichkeiten dann doch mal einen Ring oder eine Kette anlege, dann vergesse ich sie oft. Die Bilder trage ich bei mir. Immer!

Sind noch weitere Tattoos in Planung, wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht?

Ja, ich habe zwei bis drei Tattoo-Ideen, die einen klaren Bezug zu meinem Kind bzw. meiner Familie darstellen. Da es passen muss, so wie bei dem Motiv meiner Uroma, warte ich. Auch haben die letzten drei Tattoos etwas mit Liedtexten bzw. Künstlern zu tun, die mich sehr bewegen und prägten. Auch das Sparschwein muss noch etwas gefüttert werden.

Wie gehst du damit um, wenn deine Kinder auch welche wollen? Ab wann dürfen Sie sich tätowieren lassen?

Ich werde es meinem Sohn nicht verbieten können, das wäre absurd. Klar ist aber, dass er volljährig sein muss, lieber wäre mir sogar, er finge später damit an. Denn aus eigener Erfahrung weiß ich ja, dass das erste Motiv keine Bedeutung hatte, Rebellion war.
Wir scherzen allerdings sehr oft und fragen uns, wie ein Teenager bei Eltern die Punkrock hören und tätowiert sind, rebellieren kann und hoffen, dass er mit 14 nicht im Anzug und Krawatte einer konservativen Partei beitritt. ;-)

Wie hast du deinen Tätowierer gefunden? Worauf hast du geachtet?



Beim ersten habe ich mir keine großen Gedanken gemacht. Die Entfernung war gering, das Studio sauber.
Aber jetzt, 12 Jahre später, achte ich genau darauf wie der Stil des Künstlers ist, was er mit seinen Bildern rüberbringt, ob er mich und meine Geschichte akzeptiert. Es gibt sehr viele überragend gute Tattoo-Künstler allein in Berlin. Die letzten drei Tattoos habe ich bei drei verschiedenen Künstlern machen lassen. Zu allen dreien würde ich wieder hin.

Ich habe übrigens auch so einen Gutschein von meinem damaligen Freund bekommen. Und ich bin sehr froh, dass ich ihn damals nicht eingelöst habe. Sonst wäre das Ergebnis wahrscheinlich nicht so zufriedenstellend. Ich habe ihn vor einiger Zeit übrigens darauf angesprochen, denn mittlerweile habe ich bessere Vorstellungen und Ansprüche. Er meinte, der ist verfallen. Mist. 

Weitere Interviews der Reihe #elterntattoos:

[catlist name=“Elterntattoo“]

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