Der Bauch (m)einer Mutter

13. August 2015
familieberlin
Mamasein

Ich habe eine bestimmte Erinnerung an meine Kindheit. Wir sitzen am Strand an der Ostsee und mein Papa nennt meine Mama – wie so oft aber stets scherzhaft – „Meine Dicke“. Ich weiß noch, wie ich mich als Kind darüber ärgerte, denn meine Mama war alles andere als dick und lügen soll man schließlich nicht. Sie ist auch heute nicht dick, aber trotzdem bleibt ihr Kosename bei meinem Papa „Meine Dicke“. Oft streichelt er ihr dabei über die Wange. Ich habe damals am Strand und auch später meine Mama betrachtet und mir gedacht: man ist die schön. Sie war für mich die schönste Mama überhaupt. In meinen Augen sah sie damals aus wie die Modells für Bademoden im OTTO-Katalog. Dick war das falsche Wort!

Der Bauch ändert sich- Körpertrends bleiben

Mit einigen Jahren Abstand und vielleicht auch bei Betrachtung der stets aktuellen Mode- und Körpertrends muss ich diese Aussage wohl zurück nehmen. Der Bauch meiner Mama war nie dick, er war flach, aber er sah wohl nicht so aus wie in den Anzeigen für Bademoden. Man sah bei ihr keine Bauchmuskeln und vielleicht schnitt die Hose auch etwas ein. Diesen Sommer verbrachte ich selbst viel Zeit an Stränden mit meinem Kind- natürlich in Bikini. Ob ich es mir leisten kann? Das stand für mich nicht zur Debatte und doch fiel mir neulich beim Blick in den Spiegel etwas auf: mein Bauch sieht aus wie der meiner Mama vor vielen vielen Jahren. Er ist nicht dick, er ist irgendwie flach. Und ja, ab und an schneidet die Hose ein und es bildet sich ein kleines Röllchen. Und ich habe diese dunkle Linie auf dem Bauch, die seit der Schwangerschaft nicht mehr weg geht. Früher habe ich meine Mama gefragt, was das da für eine Linie bei ihr sei. „Die ist wichtig, dann wissen die Ärzte, wo sie aufschneiden müssen, wenn mal was ist“. OK, die Antwort ist vielleicht nicht so korrekt und auch nicht kinderfreundlich, aber trotzdem habe ich sie mir eingeprägt.

Körpergefühl Mama

Kuscheln kann man nur mit Weichem

Ich weiß mittlerweile, dass ich der Grund für diese Linie bin. Oder mein Bruder. Vielleicht auch wir beide. Wir sind auch Schuld daran, dass ihr Bauch nicht mehr so flach ist wie vor uns und er ist irgendwie weich. Weich ist etwas, was ich auch mit meiner Mama verbinde. Wenn man sich an jemanden kuschelt, muss er weich sein, sonst tut es doch weh. Dachte ich früher. Und heute, wenn sich miniberlin in ihrem Nachmittagstief an mich kuschelt und so lange drückt und knufft, bis ich richtig liege und sie es gemütlich hat, weiß ich: weich sein ist toll. Weich sein ist wichtig fürs Kind. Dann ist mein Bauch eben nicht mehr so straff wie vorher, meine Bauchmuskeln erfüllen nur noch Grundfunktionen und keine ästhetischen Highlights mehr. Aber würden sie nicht auch stören, wenn sich meine kleine Tochter reinschnuffelt und ihre Hand auf den Bauch legt? Ich weiß es nicht, denn ich habe ja keine sichtbaren Bauchmuskeln mehr. Irgendwann sind sie vielleicht wieder da.

Mein Bauch ist ein Zeichen für meine Kinder

Die Frage ist, ob mein Bauch überhaupt wieder so aussehen muss. Muss er? Habe ich den Anspruch? Vielleicht haben ihn andere, ich bin da jedoch gelassen. Eine Bekannte, die zahlreiche Dehnungsstreifen durch drei Schwangerschaften hat, meinte mal zu mir: sie liebt jeden einzelnen davon, denn sie sind Zeichen ihrer Kinder. Sie trägt sie mit stolz und erzählt ihren Kindern davon, wenn sie danach fragen. Sie geht damit nicht hausieren, aber sie versteckt sich auch nicht im Kämmerlein. Diese Einstellung nehme ich mir immer mehr an und finde sie gut. Wenn ich es nicht täte, müsste ich etwas ändern, sofern ich es kann. Ich könnte, möchte aber nicht. Mein Bauch wird wohl noch eine Weile weich bleiben, dick ist er ja nicht. Meine Bauchmuskeln fühlen sich anscheinend wohl, da wo sie sind. Und sie fehlen mir (noch) nicht. Wenn, dann werde ich auf jeden Fall etwas machen, dass sie wieder auftauchen. Was aber wohl wie bei meiner Mama ewig bleibt, ist die Linie auf meinem Bauch. Die ist schließlich für die Ärzte zu Orientierung.

Dies ist ein Beitrag zur Blogparade „Schöne Mutter“ #mutterkoerper der lieben Bettie vom Blog Frühes Vogerl.

2 Kommentare

  1. Liebe Bella,

    genau, weich ist schön – und ich kann Deine Bekannte gut verstehen, ich bin auch stolz auf meinen Bauch. Ohne ihn gäbe es meine geliebten Küstenkinder nämlich nicht…

    Liebe Grüße, Küstenmami

    Antworten
    • Genau, ich finde bis zu einem gewissen Maße ist er ein Zeichen für unsere Lieben. Das ist toll und wenn man mal schaut sieht man diese Zeichen sehr sehr viel!!! :)

      Antworten

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  1. Mein Mutterkörper und ich | fem* – feministisches Debattenmagazin - […] damit eine Blogparade zum Thema #mutterkoerper aus. Bisher sind glücklicherweise ein paar weise, empowernde Blog-Einträge entstanden. Dieser Text ist…

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